Hat dein verborgner Trieb gemachet, Und deine Kraft hat von der Höh herab Die Brust zur Weisheit angefachet, Noch wenn Er sich in Einsamkeit verschließt, Um daß Er Andrer Heil bedenket, So zeigt dein Wink wie würksam daß du bist, Dein Wink, der Ihm erst die Gedanken und auch alsdann die Seelen lenket.
O lenk Ihm doch nur auch ein Herze zu, Was zart an Seine Brust sich bindet; Du knüpfst ja Viel, wolan stöhr Seine Ruh, Mach daß dein Ordnen überwindet. Nur so ein Herz, dem du ein zwiefach Pfund Von Tugend und Vernunft verliehen, Nur solch ein Herz schickt sich, in einen Bund Des Klettkens freie Brust zu ziehen. O laß Ihn doch die Lieb ein Grabmahl baun, Man lese auf dem leichten Steine: Hier armen sich die Huld und das Vertraun, Hier schlummern, die das Schicksal hieß: daß sie ein Gleich-Gefühl vereine!
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Hat dein verborgner Trieb gemachet, Und deine Kraft hat von der Hoͤh herab Die Bruſt zur Weisheit angefachet, Noch wenn Er ſich in Einſamkeit verſchließt, Um daß Er Andrer Heil bedenket, So zeigt dein Wink wie wuͤrkſam daß du biſt, Dein Wink, der Ihm erſt die Gedanken und auch alsdann die Seelen lenket.
O lenk Ihm doch nur auch ein Herze zu, Was zart an Seine Bruſt ſich bindet; Du knuͤpfſt ja Viel, wolan ſtoͤhr Seine Ruh, Mach daß dein Ordnen uͤberwindet. Nur ſo ein Herz, dem du ein zwiefach Pfund Von Tugend und Vernunft verliehen, Nur ſolch ein Herz ſchickt ſich, in einen Bund Des Klettkens freie Bruſt zu ziehen. O laß Ihn doch die Lieb ein Grabmahl baun, Man leſe auf dem leichten Steine: Hier armen ſich die Huld und das Vertraun, Hier ſchlummern, die das Schickſal hieß: daß ſie ein Gleich-Gefuͤhl vereine!
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Hat dein verborgner Trieb gemachet,
Und deine Kraft hat von der Hoͤh herab
Die Bruſt zur Weisheit angefachet,
Noch wenn Er ſich in Einſamkeit verſchließt,
Um daß Er Andrer Heil bedenket,
So zeigt dein Wink wie wuͤrkſam daß du biſt,
Dein Wink, der Ihm erſt die Gedanken und auch
alsdann die Seelen lenket.
O lenk Ihm doch nur auch ein Herze zu,
Was zart an Seine Bruſt ſich bindet;
Du knuͤpfſt ja Viel, wolan ſtoͤhr Seine Ruh,
Mach daß dein Ordnen uͤberwindet.
Nur ſo ein Herz, dem du ein zwiefach Pfund
Von Tugend und Vernunft verliehen,
Nur ſolch ein Herz ſchickt ſich, in einen Bund
Des Klettkens freie Bruſt zu ziehen.
O laß Ihn doch die Lieb ein Grabmahl baun,
Man leſe auf dem leichten Steine:
Hier armen ſich die Huld und das Vertraun,
Hier ſchlummern, die das Schickſal hieß: daß ſie
ein Gleich-Gefuͤhl vereine!
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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