in die in der Eile besonnene Feder, so daß nur das Wesentliche sich lösen darf aus dem Fluge der Gedanken, um sich gegen den Schluß des Briefes hin wenigstens so viel Raum zu erkämpfen, als nöthig ist, mit der warmen Liebe des Anfanges zu endigen. So entsteht freilich nicht ein streng gegliedertes Kunstwerk, aber vielleicht ein um so treuerer Ausdruck dessen, was man war und wollte mit dem Briefe. Eine andere Frage aber ist es nun, ob das Gleichniß hinreiche, eine ge¬ wisse Unförmlichkeit vorliegenden Romanes zu entschuldigen oder zu beschönigen. Ich bin weit entfernt, dies versuchen zu wollen; einzig und allein möchte ich durch das Gleichniß die Hoff¬ nung andeuten, der geneigte Leser werde wenig¬ stens, wenn auch nicht den Genuß eines reinen und meisterhaften Kunstwerkes, so doch den Ein¬ druck einer wahr empfundenen und mannigfach bewegten Mittheilung davon tragen. -- Besagte Unförmlichkeit hat ihren Grund hauptsächlich in der Art, wie der Roman in zwei verschiedene Bestandtheile auseinander fällt, nämlich in eine Selbstbiographie des Helden, nachdem er einge¬
in die in der Eile beſonnene Feder, ſo daß nur das Weſentliche ſich loͤſen darf aus dem Fluge der Gedanken, um ſich gegen den Schluß des Briefes hin wenigſtens ſo viel Raum zu erkaͤmpfen, als noͤthig iſt, mit der warmen Liebe des Anfanges zu endigen. So entſteht freilich nicht ein ſtreng gegliedertes Kunſtwerk, aber vielleicht ein um ſo treuerer Ausdruck deſſen, was man war und wollte mit dem Briefe. Eine andere Frage aber iſt es nun, ob das Gleichniß hinreiche, eine ge¬ wiſſe Unfoͤrmlichkeit vorliegenden Romanes zu entſchuldigen oder zu beſchoͤnigen. Ich bin weit entfernt, dies verſuchen zu wollen; einzig und allein moͤchte ich durch das Gleichniß die Hoff¬ nung andeuten, der geneigte Leſer werde wenig¬ ſtens, wenn auch nicht den Genuß eines reinen und meiſterhaften Kunſtwerkes, ſo doch den Ein¬ druck einer wahr empfundenen und mannigfach bewegten Mittheilung davon tragen. — Beſagte Unfoͤrmlichkeit hat ihren Grund hauptſaͤchlich in der Art, wie der Roman in zwei verſchiedene Beſtandtheile auseinander faͤllt, naͤmlich in eine Selbſtbiographie des Helden, nachdem er einge¬
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[VII/0013]
in die in der Eile beſonnene Feder, ſo daß nur
das Weſentliche ſich loͤſen darf aus dem Fluge der
Gedanken, um ſich gegen den Schluß des Briefes
hin wenigſtens ſo viel Raum zu erkaͤmpfen, als
noͤthig iſt, mit der warmen Liebe des Anfanges
zu endigen. So entſteht freilich nicht ein ſtreng
gegliedertes Kunſtwerk, aber vielleicht ein um ſo
treuerer Ausdruck deſſen, was man war und
wollte mit dem Briefe. Eine andere Frage aber
iſt es nun, ob das Gleichniß hinreiche, eine ge¬
wiſſe Unfoͤrmlichkeit vorliegenden Romanes zu
entſchuldigen oder zu beſchoͤnigen. Ich bin weit
entfernt, dies verſuchen zu wollen; einzig und
allein moͤchte ich durch das Gleichniß die Hoff¬
nung andeuten, der geneigte Leſer werde wenig¬
ſtens, wenn auch nicht den Genuß eines reinen
und meiſterhaften Kunſtwerkes, ſo doch den Ein¬
druck einer wahr empfundenen und mannigfach
bewegten Mittheilung davon tragen. — Beſagte
Unfoͤrmlichkeit hat ihren Grund hauptſaͤchlich in
der Art, wie der Roman in zwei verſchiedene
Beſtandtheile auseinander faͤllt, naͤmlich in eine
Selbſtbiographie des Helden, nachdem er einge¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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