Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.Fünftes Kapitel. Die erste Zeit nach dem Tode meines Vaters Fünftes Kapitel. Die erſte Zeit nach dem Tode meines Vaters <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0139"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Fünftes Kapitel.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Die erſte Zeit nach dem Tode meines Vaters<lb/> war fuͤr ſeine Wittwe eine ſchwere Zeit der Trauer<lb/> und Sorge. Seine ganze Verlaſſenſchaft befand<lb/> ſich im Zuſtande des vollen Umſchwunges und<lb/> erforderte weitlaͤufige Verhandlungen, um ſie ins<lb/> Reine zu bringen. Eingegangene Vertraͤge waren<lb/> mitten in ihrer Erfuͤllung abgebrochen, Unterneh¬<lb/> mungen gehemmt, große laufende Rechnungen zu<lb/> bezahlen und ſolche einzuziehen an allen Ecken<lb/> und Enden, Vorraͤthe von Bauſtoffen mußten<lb/> mit Verluſt verkauft werden und es war zweifel¬<lb/> haft, ob bei der augenblicklichen Lage der Ver¬<lb/> haͤltniſſe auch nur ein Pfennig uͤbrig bleiben<lb/> wuͤrde, wovon die bekuͤmmerte Frau leben ſollte.<lb/> Gerichtsmaͤnner kamen, legten Siegel an und<lb/> loͤſten ſie wieder; die Freunde des Verſtorbenen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0139]
Fünftes Kapitel.
Die erſte Zeit nach dem Tode meines Vaters
war fuͤr ſeine Wittwe eine ſchwere Zeit der Trauer
und Sorge. Seine ganze Verlaſſenſchaft befand
ſich im Zuſtande des vollen Umſchwunges und
erforderte weitlaͤufige Verhandlungen, um ſie ins
Reine zu bringen. Eingegangene Vertraͤge waren
mitten in ihrer Erfuͤllung abgebrochen, Unterneh¬
mungen gehemmt, große laufende Rechnungen zu
bezahlen und ſolche einzuziehen an allen Ecken
und Enden, Vorraͤthe von Bauſtoffen mußten
mit Verluſt verkauft werden und es war zweifel¬
haft, ob bei der augenblicklichen Lage der Ver¬
haͤltniſſe auch nur ein Pfennig uͤbrig bleiben
wuͤrde, wovon die bekuͤmmerte Frau leben ſollte.
Gerichtsmaͤnner kamen, legten Siegel an und
loͤſten ſie wieder; die Freunde des Verſtorbenen
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