und zahlreiche Geschäftsleute gingen ab und zu, halfen und ordneten; es wurde durchgesehen, ge¬ rechnet, abgesondert, gesteigert. Käufer und neue Unternehmer meldeten sich, suchten die Summen herunterzudrücken oder mehr in Beschlag zu neh¬ men als ihnen gebührte, es war ein Geräusch und eine Spannung, daß meine Mutter, welche immer mit wachsamen Augen dabei stand, zuletzt nicht mehr wußte, wie sie sich helfen sollte. All¬ mälig klärte sich die Verwirrung auf, ein Ge¬ schäft um das andere war abgethan, alle Ver¬ bindlichkeiten gelöst und die Forderungen gesichert, und es zeigte sich nun, daß das Haus, in wel¬ chem wir zuletzt wohnten, als einziges Vermögen übrig blieb. Es war ein altes hohes Gebäude, mit vielen Räumen und von unten bis oben be¬ wohnt, wie ein Bienenkorb. Der Vater hatte es gekauft in der Absicht, ein neues an dessen Stelle zu setzen; da es aber von alterthümlicher Bauart war und an Thüren und Fenstern viele schöne Ueberbleibsel künstlicher Arbeit trug, so konnte er sich schwer entschließen, es einzureißen und bewohnte es indessen nebst einer Anzahl von
und zahlreiche Geſchaͤftsleute gingen ab und zu, halfen und ordneten; es wurde durchgeſehen, ge¬ rechnet, abgeſondert, geſteigert. Kaͤufer und neue Unternehmer meldeten ſich, ſuchten die Summen herunterzudruͤcken oder mehr in Beſchlag zu neh¬ men als ihnen gebuͤhrte, es war ein Geraͤuſch und eine Spannung, daß meine Mutter, welche immer mit wachſamen Augen dabei ſtand, zuletzt nicht mehr wußte, wie ſie ſich helfen ſollte. All¬ maͤlig klaͤrte ſich die Verwirrung auf, ein Ge¬ ſchaͤft um das andere war abgethan, alle Ver¬ bindlichkeiten geloͤſt und die Forderungen geſichert, und es zeigte ſich nun, daß das Haus, in wel¬ chem wir zuletzt wohnten, als einziges Vermoͤgen uͤbrig blieb. Es war ein altes hohes Gebaͤude, mit vielen Raͤumen und von unten bis oben be¬ wohnt, wie ein Bienenkorb. Der Vater hatte es gekauft in der Abſicht, ein neues an deſſen Stelle zu ſetzen; da es aber von alterthuͤmlicher Bauart war und an Thuͤren und Fenſtern viele ſchoͤne Ueberbleibſel kuͤnſtlicher Arbeit trug, ſo konnte er ſich ſchwer entſchließen, es einzureißen und bewohnte es indeſſen nebſt einer Anzahl von
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und zahlreiche Geſchaͤftsleute gingen ab und zu,
halfen und ordneten; es wurde durchgeſehen, ge¬
rechnet, abgeſondert, geſteigert. Kaͤufer und neue
Unternehmer meldeten ſich, ſuchten die Summen
herunterzudruͤcken oder mehr in Beſchlag zu neh¬
men als ihnen gebuͤhrte, es war ein Geraͤuſch
und eine Spannung, daß meine Mutter, welche
immer mit wachſamen Augen dabei ſtand, zuletzt
nicht mehr wußte, wie ſie ſich helfen ſollte. All¬
maͤlig klaͤrte ſich die Verwirrung auf, ein Ge¬
ſchaͤft um das andere war abgethan, alle Ver¬
bindlichkeiten geloͤſt und die Forderungen geſichert,
und es zeigte ſich nun, daß das Haus, in wel¬
chem wir zuletzt wohnten, als einziges Vermoͤgen
uͤbrig blieb. Es war ein altes hohes Gebaͤude,
mit vielen Raͤumen und von unten bis oben be¬
wohnt, wie ein Bienenkorb. Der Vater hatte
es gekauft in der Abſicht, ein neues an deſſen
Stelle zu ſetzen; da es aber von alterthuͤmlicher
Bauart war und an Thuͤren und Fenſtern viele
ſchoͤne Ueberbleibſel kuͤnſtlicher Arbeit trug, ſo
konnte er ſich ſchwer entſchließen, es einzureißen
und bewohnte es indeſſen nebſt einer Anzahl von
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/140>, abgerufen am 21.11.2024.
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