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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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endlich ein und weiß zur Stunde noch nicht, ob
meine Bitte in Erfüllung gegangen ist.

Eines Tages wurde ich zur Strafe über die
Mittagszeit in der Schule zurückbehalten und ein¬
geschlossen, so daß ich erst auf den Abend etwas
zu essen bekam. Das war das erste Mal, wo ich
den Hunger kennen und zugleich die Ermahnun¬
gen meiner Mutter verstehen lernte, welche mir
Gott vorzüglich als den Erhalter und Ernährer
jeglicher Creatur anpries und als den Schöpfer
unsers schmackhaften Hausbrotes darstellte, der
Bitte gemäß: Gib uns heut unser tägliches Brot!
welches nie fehlen dürfe, wenn die Sache nicht
schief gehen sollte. Ueberhaupt gewann ich für
Essen und Trinken ein großes Interesse und
manche Einsicht in die Beschaffenheit derselben,
indem ich fast ausschließlich den Verkehr von
Frauen mit ansah, dessen Hauptinhalt der Er¬
werb und die Besprechung von Lebensmitteln
war, und die Wichtigkeit, welche ich diesem Ver¬
kehre beilegen sah, trug sich mir auch auf meine
Bitte um das tägliche Brot über. Auf meinen
Wanderungen durch das Haus drang ich allmä¬

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endlich ein und weiß zur Stunde noch nicht, ob
meine Bitte in Erfuͤllung gegangen iſt.

Eines Tages wurde ich zur Strafe uͤber die
Mittagszeit in der Schule zuruͤckbehalten und ein¬
geſchloſſen, ſo daß ich erſt auf den Abend etwas
zu eſſen bekam. Das war das erſte Mal, wo ich
den Hunger kennen und zugleich die Ermahnun¬
gen meiner Mutter verſtehen lernte, welche mir
Gott vorzuͤglich als den Erhalter und Ernaͤhrer
jeglicher Creatur anpries und als den Schoͤpfer
unſers ſchmackhaften Hausbrotes darſtellte, der
Bitte gemaͤß: Gib uns heut unſer taͤgliches Brot!
welches nie fehlen duͤrfe, wenn die Sache nicht
ſchief gehen ſollte. Ueberhaupt gewann ich fuͤr
Eſſen und Trinken ein großes Intereſſe und
manche Einſicht in die Beſchaffenheit derſelben,
indem ich faſt ausſchließlich den Verkehr von
Frauen mit anſah, deſſen Hauptinhalt der Er¬
werb und die Beſprechung von Lebensmitteln
war, und die Wichtigkeit, welche ich dieſem Ver¬
kehre beilegen ſah, trug ſich mir auch auf meine
Bitte um das taͤgliche Brot uͤber. Auf meinen
Wanderungen durch das Haus drang ich allmaͤ¬

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[145/0159] endlich ein und weiß zur Stunde noch nicht, ob meine Bitte in Erfuͤllung gegangen iſt. Eines Tages wurde ich zur Strafe uͤber die Mittagszeit in der Schule zuruͤckbehalten und ein¬ geſchloſſen, ſo daß ich erſt auf den Abend etwas zu eſſen bekam. Das war das erſte Mal, wo ich den Hunger kennen und zugleich die Ermahnun¬ gen meiner Mutter verſtehen lernte, welche mir Gott vorzuͤglich als den Erhalter und Ernaͤhrer jeglicher Creatur anpries und als den Schoͤpfer unſers ſchmackhaften Hausbrotes darſtellte, der Bitte gemaͤß: Gib uns heut unſer taͤgliches Brot! welches nie fehlen duͤrfe, wenn die Sache nicht ſchief gehen ſollte. Ueberhaupt gewann ich fuͤr Eſſen und Trinken ein großes Intereſſe und manche Einſicht in die Beſchaffenheit derſelben, indem ich faſt ausſchließlich den Verkehr von Frauen mit anſah, deſſen Hauptinhalt der Er¬ werb und die Beſprechung von Lebensmitteln war, und die Wichtigkeit, welche ich dieſem Ver¬ kehre beilegen ſah, trug ſich mir auch auf meine Bitte um das taͤgliche Brot uͤber. Auf meinen Wanderungen durch das Haus drang ich allmaͤ¬ l. 10

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/159>, abgerufen am 24.11.2024.