ches in dem Quartal Conto der Madame zu ver¬ merken ist. Wollte anfenglich mit der Kleinen sein Wesen und Freundlichkeit treiben und hat sie sich sogleich an ihn attachiret, daher ich ihme be¬ deutet habe, mir in meinem Process nicht zu interveniren. Wie man der Kleinen ihr ver¬ wahrte Habit und Sonntagsstaat herfürgeholt und angelegt benebst der Schapell und der Gürtlen, so hat sie großen Plaisir gezeiget und zu tanzen begonnen. Diese ihre Freude ist aber bald ver¬ bittert worden, als ich nach dem Befelch der Frau Mama 1 Todtenschedel hohlen ließe und in die Hand zu tragen gab, welchen sie partout nicht nemen wollen und hernachmalen weinend und zitternd in der Hand gehalten, wie wenn es ein feurig Eisen wär. Zwaren hat der Maler be¬ hauptet, er könne den Schedel außwendig malen, weill solcher zu denen allerersten Elementen sei¬ ner Kunst gehöre, habe es aber nicht zugegeben, sintemal Madame geschrieben hat: Was das Kind leidet, das leiden auch wir, und ist uns in sei¬ nem Leiden selbst Gelegenheit zur Buße gegeben, so wir für ihn's thun können; derohalb brechen
I. 11
ches in dem Quartal Conto der Madame zu ver¬ merken iſt. Wollte anfenglich mit der Kleinen ſein Weſen und Freundlichkeit treiben und hat ſie ſich ſogleich an ihn attachiret, daher ich ihme be¬ deutet habe, mir in meinem Process nicht zu interveniren. Wie man der Kleinen ihr ver¬ wahrte Habit und Sonntagsſtaat herfuͤrgeholt und angelegt benebſt der Schapell und der Guͤrtlen, ſo hat ſie großen Plaisir gezeiget und zu tanzen begonnen. Dieſe ihre Freude iſt aber bald ver¬ bittert worden, als ich nach dem Befelch der Frau Mama 1 Todtenſchedel hohlen ließe und in die Hand zu tragen gab, welchen ſie partout nicht nemen wollen und hernachmalen weinend und zitternd in der Hand gehalten, wie wenn es ein feurig Eiſen waͤr. Zwaren hat der Maler be¬ hauptet, er koͤnne den Schedel außwendig malen, weill ſolcher zu denen allererſten Elementen ſei¬ ner Kunſt gehoͤre, habe es aber nicht zugegeben, ſintemal Madame geſchrieben hat: Was das Kind leidet, das leiden auch wir, und iſt uns in ſei¬ nem Leiden ſelbſt Gelegenheit zur Buße gegeben, ſo wir fuͤr ihn's thun koͤnnen; derohalb brechen
I. 11
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0175"n="161"/>
ches in dem <hirendition="#aq">Quartal Conto</hi> der <hirendition="#aq">Madame</hi> zu ver¬<lb/>
merken iſt. Wollte anfenglich mit der Kleinen<lb/>ſein Weſen und Freundlichkeit treiben und hat ſie<lb/>ſich ſogleich an ihn <hirendition="#aq">attachiret</hi>, daher ich ihme be¬<lb/>
deutet habe, mir in meinem <hirendition="#aq">Process</hi> nicht zu<lb/><hirendition="#aq">interveniren</hi>. Wie man der Kleinen ihr ver¬<lb/>
wahrte <hirendition="#aq">Habit</hi> und Sonntagsſtaat herfuͤrgeholt und<lb/>
angelegt benebſt der Schapell und der Guͤrtlen,<lb/>ſo hat ſie großen <hirendition="#aq">Plaisir</hi> gezeiget und zu tanzen<lb/>
begonnen. Dieſe ihre Freude iſt aber bald ver¬<lb/>
bittert worden, als ich nach dem Befelch der Frau<lb/><hirendition="#aq">Mama</hi> 1 Todtenſchedel hohlen ließe und in die<lb/>
Hand zu tragen gab, welchen ſie <hirendition="#aq">partout</hi> nicht<lb/>
nemen wollen und hernachmalen weinend und<lb/>
zitternd in der Hand gehalten, wie wenn es ein<lb/>
feurig Eiſen waͤr. Zwaren hat der Maler be¬<lb/>
hauptet, er koͤnne den Schedel außwendig malen,<lb/>
weill ſolcher zu denen allererſten <hirendition="#aq">Elementen</hi>ſei¬<lb/>
ner Kunſt gehoͤre, habe es aber nicht zugegeben,<lb/>ſintemal <hirendition="#aq">Madame</hi> geſchrieben hat: Was das Kind<lb/>
leidet, das leiden auch wir, und iſt uns in ſei¬<lb/>
nem Leiden ſelbſt Gelegenheit zur Buße gegeben,<lb/>ſo wir fuͤr ihn's thun koͤnnen; derohalb brechen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">I. 11<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[161/0175]
ches in dem Quartal Conto der Madame zu ver¬
merken iſt. Wollte anfenglich mit der Kleinen
ſein Weſen und Freundlichkeit treiben und hat ſie
ſich ſogleich an ihn attachiret, daher ich ihme be¬
deutet habe, mir in meinem Process nicht zu
interveniren. Wie man der Kleinen ihr ver¬
wahrte Habit und Sonntagsſtaat herfuͤrgeholt und
angelegt benebſt der Schapell und der Guͤrtlen,
ſo hat ſie großen Plaisir gezeiget und zu tanzen
begonnen. Dieſe ihre Freude iſt aber bald ver¬
bittert worden, als ich nach dem Befelch der Frau
Mama 1 Todtenſchedel hohlen ließe und in die
Hand zu tragen gab, welchen ſie partout nicht
nemen wollen und hernachmalen weinend und
zitternd in der Hand gehalten, wie wenn es ein
feurig Eiſen waͤr. Zwaren hat der Maler be¬
hauptet, er koͤnne den Schedel außwendig malen,
weill ſolcher zu denen allererſten Elementen ſei¬
ner Kunſt gehoͤre, habe es aber nicht zugegeben,
ſintemal Madame geſchrieben hat: Was das Kind
leidet, das leiden auch wir, und iſt uns in ſei¬
nem Leiden ſelbſt Gelegenheit zur Buße gegeben,
ſo wir fuͤr ihn's thun koͤnnen; derohalb brechen
I. 11
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/175>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.