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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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löschte, als sie dieselben aufgesetzt hatte, und dabei
zählend die Resultate zur Seite aufzeichnete. So
entstanden neue kleinere Zahlengruppen, deren
Bedeutung und Benennung Niemand kannte, als
sie, da es immer nur die gleichen vier nackten
Ziffern waren und für Andere aussahen, wie eine
altheidnische Zauberschrift. Dazu kam noch, daß
es ihr nie gelingen wollte, mit Bleistift oder Fe¬
der oder auch nur mit einem Griffel auf einer
Schiefertafel das gleiche Verfahren vorzunehmen,
indem sie nicht nur räumlich einer ganzen Tisch¬
platte bedurfte, sondern auch nur mittelst der
weichen Kreide ihre markigen Zeichen zu bilden
im Stande war. Sie beklagte oft, daß sie sich
gar nichts Fixirtes aufbewahren könne, war aber
gerade dadurch zu ihrem außerordentlichen Gedächt¬
nisse gelangt, aus welchem jene wimmelnden
Zahlenmassen plötzlich gestalt- und lebenvoll er¬
schienen, um ebenso rasch wieder zu verschwinden.
Das Verhältniß zwischen Einnahme und Aus¬
gabe machte ihr nicht viel zu schaffen; sie bestritt
alle häuslichen Bedürfnisse und sonstige Ausgaben
vorweg aus dem gleichen Seckel, welcher auch

loͤſchte, als ſie dieſelben aufgeſetzt hatte, und dabei
zaͤhlend die Reſultate zur Seite aufzeichnete. So
entſtanden neue kleinere Zahlengruppen, deren
Bedeutung und Benennung Niemand kannte, als
ſie, da es immer nur die gleichen vier nackten
Ziffern waren und fuͤr Andere ausſahen, wie eine
altheidniſche Zauberſchrift. Dazu kam noch, daß
es ihr nie gelingen wollte, mit Bleiſtift oder Fe¬
der oder auch nur mit einem Griffel auf einer
Schiefertafel das gleiche Verfahren vorzunehmen,
indem ſie nicht nur raͤumlich einer ganzen Tiſch¬
platte bedurfte, ſondern auch nur mittelſt der
weichen Kreide ihre markigen Zeichen zu bilden
im Stande war. Sie beklagte oft, daß ſie ſich
gar nichts Fixirtes aufbewahren koͤnne, war aber
gerade dadurch zu ihrem außerordentlichen Gedaͤcht¬
niſſe gelangt, aus welchem jene wimmelnden
Zahlenmaſſen ploͤtzlich geſtalt- und lebenvoll er¬
ſchienen, um ebenſo raſch wieder zu verſchwinden.
Das Verhaͤltniß zwiſchen Einnahme und Aus¬
gabe machte ihr nicht viel zu ſchaffen; ſie beſtritt
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[178/0192] loͤſchte, als ſie dieſelben aufgeſetzt hatte, und dabei zaͤhlend die Reſultate zur Seite aufzeichnete. So entſtanden neue kleinere Zahlengruppen, deren Bedeutung und Benennung Niemand kannte, als ſie, da es immer nur die gleichen vier nackten Ziffern waren und fuͤr Andere ausſahen, wie eine altheidniſche Zauberſchrift. Dazu kam noch, daß es ihr nie gelingen wollte, mit Bleiſtift oder Fe¬ der oder auch nur mit einem Griffel auf einer Schiefertafel das gleiche Verfahren vorzunehmen, indem ſie nicht nur raͤumlich einer ganzen Tiſch¬ platte bedurfte, ſondern auch nur mittelſt der weichen Kreide ihre markigen Zeichen zu bilden im Stande war. Sie beklagte oft, daß ſie ſich gar nichts Fixirtes aufbewahren koͤnne, war aber gerade dadurch zu ihrem außerordentlichen Gedaͤcht¬ niſſe gelangt, aus welchem jene wimmelnden Zahlenmaſſen ploͤtzlich geſtalt- und lebenvoll er¬ ſchienen, um ebenſo raſch wieder zu verſchwinden. Das Verhaͤltniß zwiſchen Einnahme und Aus¬ gabe machte ihr nicht viel zu ſchaffen; ſie beſtritt alle haͤuslichen Beduͤrfniſſe und ſonſtige Ausgaben vorweg aus dem gleichen Seckel, welcher auch

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/192>, abgerufen am 21.11.2024.