beweist es jedoch in den riesenhaften Burglinden, welche ewig grün ihre Aeste zu einem mächtigen Kranze verschlingen hoch über der Stadt, unmit¬ telbar unter dem Himmel. Wo der Fluß sich schon merklich verengt und seine eigene Strömung annimmt, steht noch ein malerisches festes Brü¬ ckenthor und sendet eine lange hölzerne Brücke herüber, bedeckt von einem alterthümlichen Dache, dessen Gebälke mit Schnitzwerk und verblichenen Schildereien überladen ist. Diesseits empfängt sie wieder ein grauer Thurm und aus diesem hervor führen mehrere Wege, theils dem Flusse entlang nach der Fläche hinaus, theils auf jähen Steigen auf den Felsenberg. An dessen Mitte ragt ebenfalls ein beträchtliches Plateau hinaus; es trägt, wie es oft bei Flußstädten vorkommt, eine Art Anhängsel oder kleineren Theil der Stadt, bestehend aus einem Kastell und ehemaligen Klo¬ ster, deren innere Räume und Höfe vollständig mit Gräbern angefüllt sind, da sie der Stadt schon seit Jahrhunderten zum Kirchhofe dienen. Die Gebäude aber enthalten ein Irrenhaus, ein Armenhaus oder Hospital u. dgl. mehr. Seltsam
beweiſt es jedoch in den rieſenhaften Burglinden, welche ewig gruͤn ihre Aeſte zu einem maͤchtigen Kranze verſchlingen hoch uͤber der Stadt, unmit¬ telbar unter dem Himmel. Wo der Fluß ſich ſchon merklich verengt und ſeine eigene Stroͤmung annimmt, ſteht noch ein maleriſches feſtes Bruͤ¬ ckenthor und ſendet eine lange hoͤlzerne Bruͤcke heruͤber, bedeckt von einem alterthuͤmlichen Dache, deſſen Gebaͤlke mit Schnitzwerk und verblichenen Schildereien uͤberladen iſt. Diesſeits empfaͤngt ſie wieder ein grauer Thurm und aus dieſem hervor fuͤhren mehrere Wege, theils dem Fluſſe entlang nach der Flaͤche hinaus, theils auf jaͤhen Steigen auf den Felſenberg. An deſſen Mitte ragt ebenfalls ein betraͤchtliches Plateau hinaus; es traͤgt, wie es oft bei Flußſtaͤdten vorkommt, eine Art Anhaͤngſel oder kleineren Theil der Stadt, beſtehend aus einem Kaſtell und ehemaligen Klo¬ ſter, deren innere Raͤume und Hoͤfe vollſtaͤndig mit Graͤbern angefuͤllt ſind, da ſie der Stadt ſchon ſeit Jahrhunderten zum Kirchhofe dienen. Die Gebaͤude aber enthalten ein Irrenhaus, ein Armenhaus oder Hoſpital u. dgl. mehr. Seltſam
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beweiſt es jedoch in den rieſenhaften Burglinden,
welche ewig gruͤn ihre Aeſte zu einem maͤchtigen
Kranze verſchlingen hoch uͤber der Stadt, unmit¬
telbar unter dem Himmel. Wo der Fluß ſich
ſchon merklich verengt und ſeine eigene Stroͤmung
annimmt, ſteht noch ein maleriſches feſtes Bruͤ¬
ckenthor und ſendet eine lange hoͤlzerne Bruͤcke
heruͤber, bedeckt von einem alterthuͤmlichen Dache,
deſſen Gebaͤlke mit Schnitzwerk und verblichenen
Schildereien uͤberladen iſt. Diesſeits empfaͤngt
ſie wieder ein grauer Thurm und aus dieſem
hervor fuͤhren mehrere Wege, theils dem Fluſſe
entlang nach der Flaͤche hinaus, theils auf jaͤhen
Steigen auf den Felſenberg. An deſſen Mitte
ragt ebenfalls ein betraͤchtliches Plateau hinaus;
es traͤgt, wie es oft bei Flußſtaͤdten vorkommt, eine
Art Anhaͤngſel oder kleineren Theil der Stadt,
beſtehend aus einem Kaſtell und ehemaligen Klo¬
ſter, deren innere Raͤume und Hoͤfe vollſtaͤndig
mit Graͤbern angefuͤllt ſind, da ſie der Stadt
ſchon ſeit Jahrhunderten zum Kirchhofe dienen.
Die Gebaͤude aber enthalten ein Irrenhaus, ein
Armenhaus oder Hoſpital u. dgl. mehr. Seltſam
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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