dern Eingang hätten, um vorher ungesehen auf¬ treten zu können. Deshalb wurde in die Hin¬ terwand ein Loch gesägt, geschnitten und gekratzt, bis ein Wohlgewappneter bescheiden durchkriechen konnte, was sehr possierlich aussah, wenn er mit seinen donnernden Reden begann, ehe er sich völ¬ lig aufgerichtet hatte. Sodann wurden grüne Zweige geholt, um das Innere des Fasses in einen Wald umzuwandeln; ich nagelte sie rings herum fest und ließ nur oben das Spundloch frei, durch welches überirdische Stimmen hernie¬ derzuschallen hatten. Ein Junge brachte eine an¬ sehnliche Düte Theatermehl und hiermit ein neues prächtiges Element in unsere Bestrebungen.
Eines Tages wurde David und Goliath ge¬ geben. Die Philister standen auf dem Plane, führten sich heidnisch auf und traten vor das Faß hinaus in das Proscenium. Dann krochen die Kinder Israel herein, lamentirten und waren verzagt und traten auf die andere Seite des Einganges, als Goliath, ein großer Bengel, er¬ schien und übermüthige Possen machte zum gro¬ ßen Gelächter beider Heere und des Publicums,
dern Eingang haͤtten, um vorher ungeſehen auf¬ treten zu koͤnnen. Deshalb wurde in die Hin¬ terwand ein Loch geſaͤgt, geſchnitten und gekratzt, bis ein Wohlgewappneter beſcheiden durchkriechen konnte, was ſehr poſſierlich ausſah, wenn er mit ſeinen donnernden Reden begann, ehe er ſich voͤl¬ lig aufgerichtet hatte. Sodann wurden gruͤne Zweige geholt, um das Innere des Faſſes in einen Wald umzuwandeln; ich nagelte ſie rings herum feſt und ließ nur oben das Spundloch frei, durch welches uͤberirdiſche Stimmen hernie¬ derzuſchallen hatten. Ein Junge brachte eine an¬ ſehnliche Duͤte Theatermehl und hiermit ein neues praͤchtiges Element in unſere Beſtrebungen.
Eines Tages wurde David und Goliath ge¬ geben. Die Philiſter ſtanden auf dem Plane, fuͤhrten ſich heidniſch auf und traten vor das Faß hinaus in das Proſcenium. Dann krochen die Kinder Iſrael herein, lamentirten und waren verzagt und traten auf die andere Seite des Einganges, als Goliath, ein großer Bengel, er¬ ſchien und uͤbermuͤthige Poſſen machte zum gro¬ ßen Gelaͤchter beider Heere und des Publicums,
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dern Eingang haͤtten, um vorher ungeſehen auf¬
treten zu koͤnnen. Deshalb wurde in die Hin¬
terwand ein Loch geſaͤgt, geſchnitten und gekratzt,
bis ein Wohlgewappneter beſcheiden durchkriechen
konnte, was ſehr poſſierlich ausſah, wenn er mit
ſeinen donnernden Reden begann, ehe er ſich voͤl¬
lig aufgerichtet hatte. Sodann wurden gruͤne
Zweige geholt, um das Innere des Faſſes in
einen Wald umzuwandeln; ich nagelte ſie rings
herum feſt und ließ nur oben das Spundloch
frei, durch welches uͤberirdiſche Stimmen hernie¬
derzuſchallen hatten. Ein Junge brachte eine an¬
ſehnliche Duͤte Theatermehl und hiermit ein neues
praͤchtiges Element in unſere Beſtrebungen.
Eines Tages wurde David und Goliath ge¬
geben. Die Philiſter ſtanden auf dem Plane,
fuͤhrten ſich heidniſch auf und traten vor das
Faß hinaus in das Proſcenium. Dann krochen
die Kinder Iſrael herein, lamentirten und waren
verzagt und traten auf die andere Seite des
Einganges, als Goliath, ein großer Bengel, er¬
ſchien und uͤbermuͤthige Poſſen machte zum gro¬
ßen Gelaͤchter beider Heere und des Publicums,
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/273>, abgerufen am 22.11.2024.
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