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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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Zimmer und Räume mit seinem häuslichen Leben.
Nur der Director bewohnte vornehm ein glän¬
zenderes Gemach.

Ueberdies zog uns das belebte Haus nicht
nur während der abendlichen Vorstellungen an,
sondern wir hatten auch während des Tages
genug vor demselben zu stehen und zu beobachten,
theils um die bewunderten Helden und Königin¬
nen in ihrer verwegenen und anmuthigen Tracht
und Haltung aus- und eingehen zu sehen, theils
um keine Maschine, keinen Korb mit rothen
Mänteln und Degen, kein Requisit aus den
Augen zu verlieren, welches hineingetragen wurde.
Vorzüglich hielten wir uns auch vor einem
offenen Hintergebäude auf, wo ein kühner Maler
inmitten einer Anzahl auf Kohlen stehender
Töpfe, aufrechtstehend und die eine Hand in der
Hosentasche, mit einem unendlich verlängerten
Pinsel Wunder auf das ausgebreitete Papier
warf. Ich erinnere mich deutlich des tiefen Ein¬
druckes, welchen die einfache und sichere Art auf
mich machte, mit welcher er duftige und durch¬
sichtige weiße Vorhänge um die Fenster eines

Zimmer und Raͤume mit ſeinem haͤuslichen Leben.
Nur der Director bewohnte vornehm ein glaͤn¬
zenderes Gemach.

Ueberdies zog uns das belebte Haus nicht
nur waͤhrend der abendlichen Vorſtellungen an,
ſondern wir hatten auch waͤhrend des Tages
genug vor demſelben zu ſtehen und zu beobachten,
theils um die bewunderten Helden und Koͤnigin¬
nen in ihrer verwegenen und anmuthigen Tracht
und Haltung aus- und eingehen zu ſehen, theils
um keine Maſchine, keinen Korb mit rothen
Maͤnteln und Degen, kein Requiſit aus den
Augen zu verlieren, welches hineingetragen wurde.
Vorzuͤglich hielten wir uns auch vor einem
offenen Hintergebaͤude auf, wo ein kuͤhner Maler
inmitten einer Anzahl auf Kohlen ſtehender
Toͤpfe, aufrechtſtehend und die eine Hand in der
Hoſentaſche, mit einem unendlich verlaͤngerten
Pinſel Wunder auf das ausgebreitete Papier
warf. Ich erinnere mich deutlich des tiefen Ein¬
druckes, welchen die einfache und ſichere Art auf
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[262/0276] Zimmer und Raͤume mit ſeinem haͤuslichen Leben. Nur der Director bewohnte vornehm ein glaͤn¬ zenderes Gemach. Ueberdies zog uns das belebte Haus nicht nur waͤhrend der abendlichen Vorſtellungen an, ſondern wir hatten auch waͤhrend des Tages genug vor demſelben zu ſtehen und zu beobachten, theils um die bewunderten Helden und Koͤnigin¬ nen in ihrer verwegenen und anmuthigen Tracht und Haltung aus- und eingehen zu ſehen, theils um keine Maſchine, keinen Korb mit rothen Maͤnteln und Degen, kein Requiſit aus den Augen zu verlieren, welches hineingetragen wurde. Vorzuͤglich hielten wir uns auch vor einem offenen Hintergebaͤude auf, wo ein kuͤhner Maler inmitten einer Anzahl auf Kohlen ſtehender Toͤpfe, aufrechtſtehend und die eine Hand in der Hoſentaſche, mit einem unendlich verlaͤngerten Pinſel Wunder auf das ausgebreitete Papier warf. Ich erinnere mich deutlich des tiefen Ein¬ druckes, welchen die einfache und ſichere Art auf mich machte, mit welcher er duftige und durch¬ ſichtige weiße Vorhaͤnge um die Fenſter eines

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/276>, abgerufen am 21.11.2024.