In Folge der Angst, welche die Mutter über mein nächtliches Wegbleiben empfunden hatte, war mir das abendliche Umhertreiben und der Besuch des Theaters strengstens untersagt wor¬ den; auch am Tage wurde ich sorgfältiger beauf¬ sichtigt und in meinem Umgange mit den Kin¬ dern der armen Leute beschränkt, welchen man fälschlicher Weise eine verderbliche und ansteckende Ungebundenheit zuschrieb. So hatten die frem¬ den Schauspieler die Stadt verlassen, ohne daß ich jene Frau, der mein Herz nun ganz gehörte, wiedergesehen, ausgenommen ein Mal von ferne, wo sie mich zu sich winkte, ich aber scheu vor ihr floh, um mich in den stillen Räumen unserer Wohnung um so leidenschaftlicher mit ihrem Bilde zu beschäftigen. Als ich hörte, daß die
Achtes Kapitel.
In Folge der Angſt, welche die Mutter uͤber mein naͤchtliches Wegbleiben empfunden hatte, war mir das abendliche Umhertreiben und der Beſuch des Theaters ſtrengſtens unterſagt wor¬ den; auch am Tage wurde ich ſorgfaͤltiger beauf¬ ſichtigt und in meinem Umgange mit den Kin¬ dern der armen Leute beſchraͤnkt, welchen man faͤlſchlicher Weiſe eine verderbliche und anſteckende Ungebundenheit zuſchrieb. So hatten die frem¬ den Schauſpieler die Stadt verlaſſen, ohne daß ich jene Frau, der mein Herz nun ganz gehoͤrte, wiedergeſehen, ausgenommen ein Mal von ferne, wo ſie mich zu ſich winkte, ich aber ſcheu vor ihr floh, um mich in den ſtillen Raͤumen unſerer Wohnung um ſo leidenſchaftlicher mit ihrem Bilde zu beſchaͤftigen. Als ich hoͤrte, daß die
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Achtes Kapitel.
In Folge der Angſt, welche die Mutter uͤber
mein naͤchtliches Wegbleiben empfunden hatte,
war mir das abendliche Umhertreiben und der
Beſuch des Theaters ſtrengſtens unterſagt wor¬
den; auch am Tage wurde ich ſorgfaͤltiger beauf¬
ſichtigt und in meinem Umgange mit den Kin¬
dern der armen Leute beſchraͤnkt, welchen man
faͤlſchlicher Weiſe eine verderbliche und anſteckende
Ungebundenheit zuſchrieb. So hatten die frem¬
den Schauſpieler die Stadt verlaſſen, ohne daß
ich jene Frau, der mein Herz nun ganz gehoͤrte,
wiedergeſehen, ausgenommen ein Mal von ferne,
wo ſie mich zu ſich winkte, ich aber ſcheu vor
ihr floh, um mich in den ſtillen Raͤumen unſerer
Wohnung um ſo leidenſchaftlicher mit ihrem
Bilde zu beſchaͤftigen. Als ich hoͤrte, daß die
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/295>, abgerufen am 22.11.2024.
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