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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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ben nie dazu kamen, fühlten wir Alle doch ganz
die Natur, und das umsomehr, weil wir mit
unserem Freudenzuge eine würdige Staffage in
der Landschaft bildeten, weil wir handelnd darin
auftraten und daher der peinlichen Sehnsucht der
unthätigen bedeutungslosen Naturbewunderer ent¬
hoben waren. Denn ich habe erst später erfahren
und eingesehen, daß das unthätige und einsame
Genießen der gewaltigen Natur das Gemüth ver¬
weichlicht und verzehrt, ohne dasselbe zu sättigen,
während ihre Kraft und Schönheit es stärkt und
nährt, wenn wir selbst auch in unserm äußern
Erscheinen etwas sind und bedeuten, ihr gegen¬
über. Und selbst dann ist sie in ihrer Stille uns
manchmal noch zu gewaltig; wo kein rauschendes
Wasser ist und gar keine Wolken ziehen, da
macht man gern ein Feuer, um sie zur Bewe¬
gung zu reizen und sie nur ein bischen athmen
zu sehen. So trugen wir einiges Reisig zusam¬
men und fachten es an, die rothen Kohlen kni¬
sterten so leis und angenehm, daß auch unser
graue und rauhe Führer vergnügt hineinsah,
während der blaue Rauch dem Heerhaufen im

ben nie dazu kamen, fuͤhlten wir Alle doch ganz
die Natur, und das umſomehr, weil wir mit
unſerem Freudenzuge eine wuͤrdige Staffage in
der Landſchaft bildeten, weil wir handelnd darin
auftraten und daher der peinlichen Sehnſucht der
unthaͤtigen bedeutungsloſen Naturbewunderer ent¬
hoben waren. Denn ich habe erſt ſpaͤter erfahren
und eingeſehen, daß das unthaͤtige und einſame
Genießen der gewaltigen Natur das Gemuͤth ver¬
weichlicht und verzehrt, ohne daſſelbe zu ſaͤttigen,
waͤhrend ihre Kraft und Schoͤnheit es ſtaͤrkt und
naͤhrt, wenn wir ſelbſt auch in unſerm aͤußern
Erſcheinen etwas ſind und bedeuten, ihr gegen¬
uͤber. Und ſelbſt dann iſt ſie in ihrer Stille uns
manchmal noch zu gewaltig; wo kein rauſchendes
Waſſer iſt und gar keine Wolken ziehen, da
macht man gern ein Feuer, um ſie zur Bewe¬
gung zu reizen und ſie nur ein bischen athmen
zu ſehen. So trugen wir einiges Reiſig zuſam¬
men und fachten es an, die rothen Kohlen kni¬
ſterten ſo leis und angenehm, daß auch unſer
graue und rauhe Fuͤhrer vergnuͤgt hineinſah,
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[312/0326] ben nie dazu kamen, fuͤhlten wir Alle doch ganz die Natur, und das umſomehr, weil wir mit unſerem Freudenzuge eine wuͤrdige Staffage in der Landſchaft bildeten, weil wir handelnd darin auftraten und daher der peinlichen Sehnſucht der unthaͤtigen bedeutungsloſen Naturbewunderer ent¬ hoben waren. Denn ich habe erſt ſpaͤter erfahren und eingeſehen, daß das unthaͤtige und einſame Genießen der gewaltigen Natur das Gemuͤth ver¬ weichlicht und verzehrt, ohne daſſelbe zu ſaͤttigen, waͤhrend ihre Kraft und Schoͤnheit es ſtaͤrkt und naͤhrt, wenn wir ſelbſt auch in unſerm aͤußern Erſcheinen etwas ſind und bedeuten, ihr gegen¬ uͤber. Und ſelbſt dann iſt ſie in ihrer Stille uns manchmal noch zu gewaltig; wo kein rauſchendes Waſſer iſt und gar keine Wolken ziehen, da macht man gern ein Feuer, um ſie zur Bewe¬ gung zu reizen und ſie nur ein bischen athmen zu ſehen. So trugen wir einiges Reiſig zuſam¬ men und fachten es an, die rothen Kohlen kni¬ ſterten ſo leis und angenehm, daß auch unſer graue und rauhe Fuͤhrer vergnuͤgt hineinſah, waͤhrend der blaue Rauch dem Heerhaufen im

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/326>, abgerufen am 22.11.2024.