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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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ihn mit großen Augen an, dann auf mich, dann
in das Büchelchen und sagte: "Was ist das nun
wieder?" Sie durchging die reinlichen Rechnungen
und sagte: "Also auch noch Schulden? Immer
besser, ihr habt das Ding wenigstens großartig
betrieben?" während Meierlein immer rief: "Es
ist Alles in bester Ordnung, Frau Lee! Diesen
letzten Posten nach der Hauptrechnung bin ich
jedoch erbötig nachzulassen, wenn Sie mir jene
berichtigen wollten". Sie lachte ärgerlich und
rief: "Ei ei! So so? Wir wollen die Sache ein¬
mal mit Deinen Aeltern besprechen, Herr Schul¬
denvogt! Wie sind denn diese artigen Schulden
eigentlich entstanden?" Da reckte sich der Bursche
empor und sagte: "Ich muß mir ausbitten, ganz
in der Ordnung!" Die Mutter aber fragte mich
streng, da ich ganz verblüfft und in neuer Be¬
klemmung dagestanden: "Bist Du dem Jungen
dieses schuldig und auf welche Weise? Sprich!"
Ich stotterte verlegen Ja und einige Thatsachen
über die Natur der Schulden. Da hatte sie
schon genug und jagte den Meierlein mit seinem
Buche aus der Stube, daß er sich mit frechen

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ihn mit großen Augen an, dann auf mich, dann
in das Buͤchelchen und ſagte: »Was iſt das nun
wieder?« Sie durchging die reinlichen Rechnungen
und ſagte: »Alſo auch noch Schulden? Immer
beſſer, ihr habt das Ding wenigſtens großartig
betrieben?« waͤhrend Meierlein immer rief: »Es
iſt Alles in beſter Ordnung, Frau Lee! Dieſen
letzten Poſten nach der Hauptrechnung bin ich
jedoch erboͤtig nachzulaſſen, wenn Sie mir jene
berichtigen wollten«. Sie lachte aͤrgerlich und
rief: »Ei ei! So ſo? Wir wollen die Sache ein¬
mal mit Deinen Aeltern beſprechen, Herr Schul¬
denvogt! Wie ſind denn dieſe artigen Schulden
eigentlich entſtanden?« Da reckte ſich der Burſche
empor und ſagte: »Ich muß mir ausbitten, ganz
in der Ordnung!« Die Mutter aber fragte mich
ſtreng, da ich ganz verbluͤfft und in neuer Be¬
klemmung dageſtanden: »Biſt Du dem Jungen
dieſes ſchuldig und auf welche Weiſe? Sprich!«
Ich ſtotterte verlegen Ja und einige Thatſachen
uͤber die Natur der Schulden. Da hatte ſie
ſchon genug und jagte den Meierlein mit ſeinem
Buche aus der Stube, daß er ſich mit frechen

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[339/0353] ihn mit großen Augen an, dann auf mich, dann in das Buͤchelchen und ſagte: »Was iſt das nun wieder?« Sie durchging die reinlichen Rechnungen und ſagte: »Alſo auch noch Schulden? Immer beſſer, ihr habt das Ding wenigſtens großartig betrieben?« waͤhrend Meierlein immer rief: »Es iſt Alles in beſter Ordnung, Frau Lee! Dieſen letzten Poſten nach der Hauptrechnung bin ich jedoch erboͤtig nachzulaſſen, wenn Sie mir jene berichtigen wollten«. Sie lachte aͤrgerlich und rief: »Ei ei! So ſo? Wir wollen die Sache ein¬ mal mit Deinen Aeltern beſprechen, Herr Schul¬ denvogt! Wie ſind denn dieſe artigen Schulden eigentlich entſtanden?« Da reckte ſich der Burſche empor und ſagte: »Ich muß mir ausbitten, ganz in der Ordnung!« Die Mutter aber fragte mich ſtreng, da ich ganz verbluͤfft und in neuer Be¬ klemmung dageſtanden: »Biſt Du dem Jungen dieſes ſchuldig und auf welche Weiſe? Sprich!« Ich ſtotterte verlegen Ja und einige Thatſachen uͤber die Natur der Schulden. Da hatte ſie ſchon genug und jagte den Meierlein mit ſeinem Buche aus der Stube, daß er ſich mit frechen 22*

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/353>, abgerufen am 22.11.2024.