willen und die Spottsucht meiner Verfolger, bis sie endlich müde wurden. Es waren alles solche Kumpane, welche selbst schon irgend einen Streich verübt oder nur auf Gelegenheit warteten, Werg an die Kunkel zu bekommen. Es war auffallend, daß Meierlein trotz seines altklugen und fleißigen Wesens sich nicht zu ähnlich beschaffenen Naturen hielt, sondern immer in Gesellschaft der Leichtsin¬ nigen, der Muthwilligen und Thörichten zu sehen war, wie mit mir und den Uebrigen. Dagegen nahmen nun die Ruhigen und Unbescholtenen unseres Alters Theil gegen das verfolgungssüch¬ tige Wesen Jener, beschützten mich zu wieder¬ holten Malen vor ihren Anfällen und ließen mich überhaupt weder Verachtung noch Unfreundlichkeit fühlen, so daß ich mehr als Einem herzlich zu¬ gethan wurde, den ich vorher kaum beachtet hatte. Zuletzt blieb Meierlein ziemlich allein mit seinem Grolle, der aber dadurch nur heftiger und wilder wurde, so wie auch in mir jedes Vorgefühl einer Versöhnung erstarb. Wenn wir uns begegneten, so suchte ich wegzublicken und ging stumm vor¬ über; er aber rief mir laut ein giftiges und tödt¬
willen und die Spottſucht meiner Verfolger, bis ſie endlich muͤde wurden. Es waren alles ſolche Kumpane, welche ſelbſt ſchon irgend einen Streich veruͤbt oder nur auf Gelegenheit warteten, Werg an die Kunkel zu bekommen. Es war auffallend, daß Meierlein trotz ſeines altklugen und fleißigen Weſens ſich nicht zu aͤhnlich beſchaffenen Naturen hielt, ſondern immer in Geſellſchaft der Leichtſin¬ nigen, der Muthwilligen und Thoͤrichten zu ſehen war, wie mit mir und den Uebrigen. Dagegen nahmen nun die Ruhigen und Unbeſcholtenen unſeres Alters Theil gegen das verfolgungsſuͤch¬ tige Weſen Jener, beſchuͤtzten mich zu wieder¬ holten Malen vor ihren Anfaͤllen und ließen mich uͤberhaupt weder Verachtung noch Unfreundlichkeit fuͤhlen, ſo daß ich mehr als Einem herzlich zu¬ gethan wurde, den ich vorher kaum beachtet hatte. Zuletzt blieb Meierlein ziemlich allein mit ſeinem Grolle, der aber dadurch nur heftiger und wilder wurde, ſo wie auch in mir jedes Vorgefuͤhl einer Verſoͤhnung erſtarb. Wenn wir uns begegneten, ſo ſuchte ich wegzublicken und ging ſtumm vor¬ uͤber; er aber rief mir laut ein giftiges und toͤdt¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0357"n="343"/>
willen und die Spottſucht meiner Verfolger, bis<lb/>ſie endlich muͤde wurden. Es waren alles ſolche<lb/>
Kumpane, welche ſelbſt ſchon irgend einen Streich<lb/>
veruͤbt oder nur auf Gelegenheit warteten, Werg<lb/>
an die Kunkel zu bekommen. Es war auffallend,<lb/>
daß Meierlein trotz ſeines altklugen und fleißigen<lb/>
Weſens ſich nicht zu aͤhnlich beſchaffenen Naturen<lb/>
hielt, ſondern immer in Geſellſchaft der Leichtſin¬<lb/>
nigen, der Muthwilligen und Thoͤrichten zu ſehen<lb/>
war, wie mit mir und den Uebrigen. Dagegen<lb/>
nahmen nun die Ruhigen und Unbeſcholtenen<lb/>
unſeres Alters Theil gegen das verfolgungsſuͤch¬<lb/>
tige Weſen Jener, beſchuͤtzten mich zu wieder¬<lb/>
holten Malen vor ihren Anfaͤllen und ließen mich<lb/>
uͤberhaupt weder Verachtung noch Unfreundlichkeit<lb/>
fuͤhlen, ſo daß ich mehr als Einem herzlich zu¬<lb/>
gethan wurde, den ich vorher kaum beachtet hatte.<lb/>
Zuletzt blieb Meierlein ziemlich allein mit ſeinem<lb/>
Grolle, der aber dadurch nur heftiger und wilder<lb/>
wurde, ſo wie auch in mir jedes Vorgefuͤhl einer<lb/>
Verſoͤhnung erſtarb. Wenn wir uns begegneten,<lb/>ſo ſuchte ich wegzublicken und ging ſtumm vor¬<lb/>
uͤber; er aber rief mir laut ein giftiges und toͤdt¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[343/0357]
willen und die Spottſucht meiner Verfolger, bis
ſie endlich muͤde wurden. Es waren alles ſolche
Kumpane, welche ſelbſt ſchon irgend einen Streich
veruͤbt oder nur auf Gelegenheit warteten, Werg
an die Kunkel zu bekommen. Es war auffallend,
daß Meierlein trotz ſeines altklugen und fleißigen
Weſens ſich nicht zu aͤhnlich beſchaffenen Naturen
hielt, ſondern immer in Geſellſchaft der Leichtſin¬
nigen, der Muthwilligen und Thoͤrichten zu ſehen
war, wie mit mir und den Uebrigen. Dagegen
nahmen nun die Ruhigen und Unbeſcholtenen
unſeres Alters Theil gegen das verfolgungsſuͤch¬
tige Weſen Jener, beſchuͤtzten mich zu wieder¬
holten Malen vor ihren Anfaͤllen und ließen mich
uͤberhaupt weder Verachtung noch Unfreundlichkeit
fuͤhlen, ſo daß ich mehr als Einem herzlich zu¬
gethan wurde, den ich vorher kaum beachtet hatte.
Zuletzt blieb Meierlein ziemlich allein mit ſeinem
Grolle, der aber dadurch nur heftiger und wilder
wurde, ſo wie auch in mir jedes Vorgefuͤhl einer
Verſoͤhnung erſtarb. Wenn wir uns begegneten,
ſo ſuchte ich wegzublicken und ging ſtumm vor¬
uͤber; er aber rief mir laut ein giftiges und toͤdt¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/357>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.