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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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wegzukommen, indessen eine taugliche Zukunft
für mich ermittelt würde. Das Heimathdorf lag
in einem äußersten Winkel des Ländchens, ich
war noch nie dort gewesen, so wie auch meine
Mutter seit meinem Gedenken es nie mehr be¬
sucht hatte und die dortigen Verwandten, mit
seltenen Ausnahmen, nie in der Stadt erschienen.
Nur der Oheim Pfarrer kam jedes Jahr ein Mal
auf seinem Klepper geritten, um an einer Kirchen¬
versammlung Theil zu nehmen und schied immer
mit jovialen Einladungen, endlich einmal hinaus¬
zuwandern. Er erfreute sich eines halben Dutzends
Söhne und Töchter, welche mir noch so unbekannt
waren, wie ihre Mutter, meine rüstige Muhme
und geistliche Bäuerin. Außerdem lebten dort
zahlreiche Verwandte des Vaters, vor Allen auch
seine leibliche Mutter, eine hochbejahrte Frau,
welche, schon längst an einen zweiten, reichen und
finstern Mann verheirathet, unter dessen harter
Herrschaft in tiefer Zurückgezogenheit lebte und
nur selten mit den Hinterlassenen ihres früh ge¬
storbenen Sohnes einen sehnsüchtigen Gruß aus
der Ferne wechselte. Das Volk lebte noch in

wegzukommen, indeſſen eine taugliche Zukunft
fuͤr mich ermittelt wuͤrde. Das Heimathdorf lag
in einem aͤußerſten Winkel des Laͤndchens, ich
war noch nie dort geweſen, ſo wie auch meine
Mutter ſeit meinem Gedenken es nie mehr be¬
ſucht hatte und die dortigen Verwandten, mit
ſeltenen Ausnahmen, nie in der Stadt erſchienen.
Nur der Oheim Pfarrer kam jedes Jahr ein Mal
auf ſeinem Klepper geritten, um an einer Kirchen¬
verſammlung Theil zu nehmen und ſchied immer
mit jovialen Einladungen, endlich einmal hinaus¬
zuwandern. Er erfreute ſich eines halben Dutzends
Soͤhne und Toͤchter, welche mir noch ſo unbekannt
waren, wie ihre Mutter, meine ruͤſtige Muhme
und geiſtliche Baͤuerin. Außerdem lebten dort
zahlreiche Verwandte des Vaters, vor Allen auch
ſeine leibliche Mutter, eine hochbejahrte Frau,
welche, ſchon laͤngſt an einen zweiten, reichen und
finſtern Mann verheirathet, unter deſſen harter
Herrſchaft in tiefer Zuruͤckgezogenheit lebte und
nur ſelten mit den Hinterlaſſenen ihres fruͤh ge¬
ſtorbenen Sohnes einen ſehnſuͤchtigen Gruß aus
der Ferne wechſelte. Das Volk lebte noch in

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[391/0405] wegzukommen, indeſſen eine taugliche Zukunft fuͤr mich ermittelt wuͤrde. Das Heimathdorf lag in einem aͤußerſten Winkel des Laͤndchens, ich war noch nie dort geweſen, ſo wie auch meine Mutter ſeit meinem Gedenken es nie mehr be¬ ſucht hatte und die dortigen Verwandten, mit ſeltenen Ausnahmen, nie in der Stadt erſchienen. Nur der Oheim Pfarrer kam jedes Jahr ein Mal auf ſeinem Klepper geritten, um an einer Kirchen¬ verſammlung Theil zu nehmen und ſchied immer mit jovialen Einladungen, endlich einmal hinaus¬ zuwandern. Er erfreute ſich eines halben Dutzends Soͤhne und Toͤchter, welche mir noch ſo unbekannt waren, wie ihre Mutter, meine ruͤſtige Muhme und geiſtliche Baͤuerin. Außerdem lebten dort zahlreiche Verwandte des Vaters, vor Allen auch ſeine leibliche Mutter, eine hochbejahrte Frau, welche, ſchon laͤngſt an einen zweiten, reichen und finſtern Mann verheirathet, unter deſſen harter Herrſchaft in tiefer Zuruͤckgezogenheit lebte und nur ſelten mit den Hinterlaſſenen ihres fruͤh ge¬ ſtorbenen Sohnes einen ſehnſuͤchtigen Gruß aus der Ferne wechſelte. Das Volk lebte noch in

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/405>, abgerufen am 24.11.2024.