Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.schwindende Ufer des Thurgaus schien nun bloß Ein Fuhrmann mit einer leer dastehenden ſchwindende Ufer des Thurgaus ſchien nun bloß Ein Fuhrmann mit einer leer daſtehenden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0071" n="57"/> ſchwindende Ufer des Thurgaus ſchien nun bloß<lb/> um der ſchoͤnen Umgraͤnzung des See's Willen<lb/> da zu ſein. Sanft und raſch trugen die Fluthen<lb/> das Schiff an das fremde Gebiet hinuͤber und<lb/> erſt, als eine Schaar graͤmlich-hoͤflicher Bewaff¬<lb/> neter den ploͤtzlich Gelandeten umringte und von<lb/> allen Seiten muſterte, that es ihm faſt weh, daß<lb/> an der Schwelle ſeines Vaterlandes ihn gar Nie¬<lb/> mand um ſein Weggehen befragt und beſichtigt<lb/> hatte.</p><lb/> <p>Ein Fuhrmann mit einer leer daſtehenden<lb/> alten Reiſekutſche trug Heinrich fuͤr wenig Geld<lb/> die Weiterbefoͤrderung an und bald kutſchirte die¬<lb/> ſer tief in das »Land der Zukunft« hinein. Die<lb/> Sonne ſchien tapfer, er ſaß hoch auf dem Bock,<lb/> immer noch die verwelkte Primel auf der Muͤtze;<lb/> und fuͤhrte die Zuͤgel der beiden mageren Gaͤule,<lb/> waͤhrend der Fuhrmann neben ihm ſich einem ſuͤ¬<lb/> ßen Muͤſſiggange uͤberließ und mit den befreun¬<lb/> deten Stallknechten aller Gaſthaͤuſer am Wege<lb/> gelaͤufige Witz- und Schimpfworte austauſchte.<lb/> Das Land wurde bald flach und kornreich, doch<lb/> die Ortſchaften lagen unverbunden und einſam<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0071]
ſchwindende Ufer des Thurgaus ſchien nun bloß
um der ſchoͤnen Umgraͤnzung des See's Willen
da zu ſein. Sanft und raſch trugen die Fluthen
das Schiff an das fremde Gebiet hinuͤber und
erſt, als eine Schaar graͤmlich-hoͤflicher Bewaff¬
neter den ploͤtzlich Gelandeten umringte und von
allen Seiten muſterte, that es ihm faſt weh, daß
an der Schwelle ſeines Vaterlandes ihn gar Nie¬
mand um ſein Weggehen befragt und beſichtigt
hatte.
Ein Fuhrmann mit einer leer daſtehenden
alten Reiſekutſche trug Heinrich fuͤr wenig Geld
die Weiterbefoͤrderung an und bald kutſchirte die¬
ſer tief in das »Land der Zukunft« hinein. Die
Sonne ſchien tapfer, er ſaß hoch auf dem Bock,
immer noch die verwelkte Primel auf der Muͤtze;
und fuͤhrte die Zuͤgel der beiden mageren Gaͤule,
waͤhrend der Fuhrmann neben ihm ſich einem ſuͤ¬
ßen Muͤſſiggange uͤberließ und mit den befreun¬
deten Stallknechten aller Gaſthaͤuſer am Wege
gelaͤufige Witz- und Schimpfworte austauſchte.
Das Land wurde bald flach und kornreich, doch
die Ortſchaften lagen unverbunden und einſam
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