tes Compliment, als wenn er die ehrwürdigste Matrone vor sich gehabt hätte.
Indessen hatte sich im Gastzimmer eine Ge¬ sellschaft von sechs bis sieben Männern eingefun¬ den, sämmtlich mit runden vollen Gesichtern und blonden Schnurrbärten verschiedensten Schnit¬ tes. Sie trugen graue Jagdröcke mit grünen Aufschlägen und einige waren mit Sporen verse¬ hen. Bald hatte Jeder einen schäumenden Krug Bier vor sich, welches, nebst einer beabsichtigten Kegelpartie, auch der Hauptinhalt des lauten Gespräches war, aus welchem es sich weiter er¬ gab, daß sämmtliche Gesellschaft aus Gerichts¬ assessoren, Forstleuten, Steuerbeamten und der¬ gleichen bestand; auch ein Physikus war dabei. Aeußerlich konnte man sie nicht unterscheiden, weil alle gleich rüstig und forstmäßig aussahen, und Heinrich betrachtete sie mit Wohlgefallen und gestand sich, daß diese sporenklirrenden Be¬ amten in ihren Jagdtrachten sich keck und male¬ risch ausnähmen im Gegensatz zu den nüchternen und friedlichen Würdeträgern in den Dörfern sei¬ nes Vaterlandes. Die Männer sprachen viel von
I. 5
tes Compliment, als wenn er die ehrwuͤrdigſte Matrone vor ſich gehabt haͤtte.
Indeſſen hatte ſich im Gaſtzimmer eine Ge¬ ſellſchaft von ſechs bis ſieben Maͤnnern eingefun¬ den, ſaͤmmtlich mit runden vollen Geſichtern und blonden Schnurrbaͤrten verſchiedenſten Schnit¬ tes. Sie trugen graue Jagdroͤcke mit gruͤnen Aufſchlaͤgen und einige waren mit Sporen verſe¬ hen. Bald hatte Jeder einen ſchaͤumenden Krug Bier vor ſich, welches, nebſt einer beabſichtigten Kegelpartie, auch der Hauptinhalt des lauten Geſpraͤches war, aus welchem es ſich weiter er¬ gab, daß ſaͤmmtliche Geſellſchaft aus Gerichts¬ aſſeſſoren, Forſtleuten, Steuerbeamten und der¬ gleichen beſtand; auch ein Phyſikus war dabei. Aeußerlich konnte man ſie nicht unterſcheiden, weil alle gleich ruͤſtig und forſtmaͤßig ausſahen, und Heinrich betrachtete ſie mit Wohlgefallen und geſtand ſich, daß dieſe ſporenklirrenden Be¬ amten in ihren Jagdtrachten ſich keck und male¬ riſch ausnaͤhmen im Gegenſatz zu den nuͤchternen und friedlichen Wuͤrdetraͤgern in den Doͤrfern ſei¬ nes Vaterlandes. Die Maͤnner ſprachen viel von
I. 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0079"n="65"/>
tes Compliment, als wenn er die ehrwuͤrdigſte<lb/>
Matrone vor ſich gehabt haͤtte.</p><lb/><p>Indeſſen hatte ſich im Gaſtzimmer eine Ge¬<lb/>ſellſchaft von ſechs bis ſieben Maͤnnern eingefun¬<lb/>
den, ſaͤmmtlich mit runden vollen Geſichtern<lb/>
und blonden Schnurrbaͤrten verſchiedenſten Schnit¬<lb/>
tes. Sie trugen graue Jagdroͤcke mit gruͤnen<lb/>
Aufſchlaͤgen und einige waren mit Sporen verſe¬<lb/>
hen. Bald hatte Jeder einen ſchaͤumenden Krug<lb/>
Bier vor ſich, welches, nebſt einer beabſichtigten<lb/>
Kegelpartie, auch der Hauptinhalt des lauten<lb/>
Geſpraͤches war, aus welchem es ſich weiter er¬<lb/>
gab, daß ſaͤmmtliche Geſellſchaft aus Gerichts¬<lb/>
aſſeſſoren, Forſtleuten, Steuerbeamten und der¬<lb/>
gleichen beſtand; auch ein Phyſikus war dabei.<lb/>
Aeußerlich konnte man ſie nicht unterſcheiden,<lb/>
weil alle gleich ruͤſtig und forſtmaͤßig ausſahen,<lb/>
und Heinrich betrachtete ſie mit Wohlgefallen<lb/>
und geſtand ſich, daß dieſe ſporenklirrenden Be¬<lb/>
amten in ihren Jagdtrachten ſich keck und male¬<lb/>
riſch ausnaͤhmen im Gegenſatz zu den nuͤchternen<lb/>
und friedlichen Wuͤrdetraͤgern in den Doͤrfern ſei¬<lb/>
nes Vaterlandes. Die Maͤnner ſprachen viel von<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">I</hi>. 5<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[65/0079]
tes Compliment, als wenn er die ehrwuͤrdigſte
Matrone vor ſich gehabt haͤtte.
Indeſſen hatte ſich im Gaſtzimmer eine Ge¬
ſellſchaft von ſechs bis ſieben Maͤnnern eingefun¬
den, ſaͤmmtlich mit runden vollen Geſichtern
und blonden Schnurrbaͤrten verſchiedenſten Schnit¬
tes. Sie trugen graue Jagdroͤcke mit gruͤnen
Aufſchlaͤgen und einige waren mit Sporen verſe¬
hen. Bald hatte Jeder einen ſchaͤumenden Krug
Bier vor ſich, welches, nebſt einer beabſichtigten
Kegelpartie, auch der Hauptinhalt des lauten
Geſpraͤches war, aus welchem es ſich weiter er¬
gab, daß ſaͤmmtliche Geſellſchaft aus Gerichts¬
aſſeſſoren, Forſtleuten, Steuerbeamten und der¬
gleichen beſtand; auch ein Phyſikus war dabei.
Aeußerlich konnte man ſie nicht unterſcheiden,
weil alle gleich ruͤſtig und forſtmaͤßig ausſahen,
und Heinrich betrachtete ſie mit Wohlgefallen
und geſtand ſich, daß dieſe ſporenklirrenden Be¬
amten in ihren Jagdtrachten ſich keck und male¬
riſch ausnaͤhmen im Gegenſatz zu den nuͤchternen
und friedlichen Wuͤrdetraͤgern in den Doͤrfern ſei¬
nes Vaterlandes. Die Maͤnner ſprachen viel von
I. 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/79>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.