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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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den wenigen Wörtchen, die sie hören ließ, eben¬
falls so.

Sie war, da sie mit den Töchtern meines
Oheims einen lebhaften Taubenverkehr führte,
mit einem Körbchen voll junger Täubchen her¬
gekommen, was hauptsächlich das Heraufrufen
des herumziehenden Geigers veranlaßt hatte. Nun
wurde verabredet, daß die Tanzübungen mehrere
Male wiederholt werden sollten und Anna den¬
selben beiwohnen. Für jetzt aber war es noth¬
wendig, da es dunkel geworden, daß Jemand sie
nach Hause begleite, und dazu wurde ich aus¬
ersehen. Diese Kunde klang mir zwar wie Mu¬
sik, doch drängte ich mich nicht sonderlich vor
und stellte mich eher, als ob es mir verdrießlich
und unbequem wäre; denn es erwachte ein Stolz
in mir, der es mir fast unmöglich machte, gegen
das junge Ding freundlich zu thun, und je lie¬
ber ich es in meinem Herzen gewann, desto mür¬
rischer und unbeholfener wurde mein Aeußeres.
Das Mädchen aber blieb immer gleich, ruhig,
bescheiden und fein, und band gelassen seinen
breiten Strohhut um, auf welchem einige Korn¬

den wenigen Woͤrtchen, die ſie hoͤren ließ, eben¬
falls ſo.

Sie war, da ſie mit den Toͤchtern meines
Oheims einen lebhaften Taubenverkehr fuͤhrte,
mit einem Koͤrbchen voll junger Taͤubchen her¬
gekommen, was hauptſaͤchlich das Heraufrufen
des herumziehenden Geigers veranlaßt hatte. Nun
wurde verabredet, daß die Tanzuͤbungen mehrere
Male wiederholt werden ſollten und Anna den¬
ſelben beiwohnen. Fuͤr jetzt aber war es noth¬
wendig, da es dunkel geworden, daß Jemand ſie
nach Hauſe begleite, und dazu wurde ich aus¬
erſehen. Dieſe Kunde klang mir zwar wie Mu¬
ſik, doch draͤngte ich mich nicht ſonderlich vor
und ſtellte mich eher, als ob es mir verdrießlich
und unbequem waͤre; denn es erwachte ein Stolz
in mir, der es mir faſt unmoͤglich machte, gegen
das junge Ding freundlich zu thun, und je lie¬
ber ich es in meinem Herzen gewann, deſto muͤr¬
riſcher und unbeholfener wurde mein Aeußeres.
Das Maͤdchen aber blieb immer gleich, ruhig,
beſcheiden und fein, und band gelaſſen ſeinen
breiten Strohhut um, auf welchem einige Korn¬

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[101/0111] den wenigen Woͤrtchen, die ſie hoͤren ließ, eben¬ falls ſo. Sie war, da ſie mit den Toͤchtern meines Oheims einen lebhaften Taubenverkehr fuͤhrte, mit einem Koͤrbchen voll junger Taͤubchen her¬ gekommen, was hauptſaͤchlich das Heraufrufen des herumziehenden Geigers veranlaßt hatte. Nun wurde verabredet, daß die Tanzuͤbungen mehrere Male wiederholt werden ſollten und Anna den¬ ſelben beiwohnen. Fuͤr jetzt aber war es noth¬ wendig, da es dunkel geworden, daß Jemand ſie nach Hauſe begleite, und dazu wurde ich aus¬ erſehen. Dieſe Kunde klang mir zwar wie Mu¬ ſik, doch draͤngte ich mich nicht ſonderlich vor und ſtellte mich eher, als ob es mir verdrießlich und unbequem waͤre; denn es erwachte ein Stolz in mir, der es mir faſt unmoͤglich machte, gegen das junge Ding freundlich zu thun, und je lie¬ ber ich es in meinem Herzen gewann, deſto muͤr¬ riſcher und unbeholfener wurde mein Aeußeres. Das Maͤdchen aber blieb immer gleich, ruhig, beſcheiden und fein, und band gelaſſen ſeinen breiten Strohhut um, auf welchem einige Korn¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/111>, abgerufen am 27.11.2024.