das Verhalten der einzelnen Aecker unter einan¬ der verglich. Der jüngste Sohn, etwa in mei¬ nem Alter, mußte ihm, hinter seinem Stuhle ste¬ hend, Bericht erstatten, und als er seiner Pflicht genügt hatte, forderte er, selbst noch nicht zu an¬ haltender Arbeit verbunden, mich auf, mit ihm hinauszustreifen und etwa mit zu arbeiten, wo es uns am besten gefiele, vorzüglich aber uns bei dem Zwischenimbiß einzufinden, der auf dem Felde gehalten würde und wo es an Scherz nicht fehle. Indessen erschien aber ein Sendbote der Gro߬ mutter, die von meiner Ankunft gehört hatte und mich einlud, sogleich zu ihr zu kommen. Mein Vetter bot sich mir zur Begleitung an, ich putzte mich, nicht ohne Affektation, halb einfach länd¬ lich, halb komödiantisch heraus und wir gingen auf den Weg, welcher zuerst über den Kirchhof führte, der auf einer kleinen Höhe gelegen ist. Dort duftete es gewaltig von tausend Blumen, eine flimmernde, summende Welt von Licht, Kä¬ fern und Schmetterlingen, Bienen und namen¬ losen Glanzthierchen webte über den Gräbern hin und her. Es war ein feines Concert bei beleuch¬
das Verhalten der einzelnen Aecker unter einan¬ der verglich. Der juͤngſte Sohn, etwa in mei¬ nem Alter, mußte ihm, hinter ſeinem Stuhle ſte¬ hend, Bericht erſtatten, und als er ſeiner Pflicht genuͤgt hatte, forderte er, ſelbſt noch nicht zu an¬ haltender Arbeit verbunden, mich auf, mit ihm hinauszuſtreifen und etwa mit zu arbeiten, wo es uns am beſten gefiele, vorzuͤglich aber uns bei dem Zwiſchenimbiß einzufinden, der auf dem Felde gehalten wuͤrde und wo es an Scherz nicht fehle. Indeſſen erſchien aber ein Sendbote der Gro߬ mutter, die von meiner Ankunft gehoͤrt hatte und mich einlud, ſogleich zu ihr zu kommen. Mein Vetter bot ſich mir zur Begleitung an, ich putzte mich, nicht ohne Affektation, halb einfach laͤnd¬ lich, halb komoͤdiantiſch heraus und wir gingen auf den Weg, welcher zuerſt uͤber den Kirchhof fuͤhrte, der auf einer kleinen Hoͤhe gelegen iſt. Dort duftete es gewaltig von tauſend Blumen, eine flimmernde, ſummende Welt von Licht, Kaͤ¬ fern und Schmetterlingen, Bienen und namen¬ loſen Glanzthierchen webte uͤber den Graͤbern hin und her. Es war ein feines Concert bei beleuch¬
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[5/0015]
das Verhalten der einzelnen Aecker unter einan¬
der verglich. Der juͤngſte Sohn, etwa in mei¬
nem Alter, mußte ihm, hinter ſeinem Stuhle ſte¬
hend, Bericht erſtatten, und als er ſeiner Pflicht
genuͤgt hatte, forderte er, ſelbſt noch nicht zu an¬
haltender Arbeit verbunden, mich auf, mit ihm
hinauszuſtreifen und etwa mit zu arbeiten, wo
es uns am beſten gefiele, vorzuͤglich aber uns bei
dem Zwiſchenimbiß einzufinden, der auf dem Felde
gehalten wuͤrde und wo es an Scherz nicht fehle.
Indeſſen erſchien aber ein Sendbote der Gro߬
mutter, die von meiner Ankunft gehoͤrt hatte und
mich einlud, ſogleich zu ihr zu kommen. Mein
Vetter bot ſich mir zur Begleitung an, ich putzte
mich, nicht ohne Affektation, halb einfach laͤnd¬
lich, halb komoͤdiantiſch heraus und wir gingen
auf den Weg, welcher zuerſt uͤber den Kirchhof
fuͤhrte, der auf einer kleinen Hoͤhe gelegen iſt.
Dort duftete es gewaltig von tauſend Blumen,
eine flimmernde, ſummende Welt von Licht, Kaͤ¬
fern und Schmetterlingen, Bienen und namen¬
loſen Glanzthierchen webte uͤber den Graͤbern hin
und her. Es war ein feines Concert bei beleuch¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/15>, abgerufen am 23.11.2024.
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