Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

lunderstrauches fing, ich sie befreien wollte und
wir beide so in der stark duftenden Finsterniß
standen, da flüsterte sie, sie möchte mir jetzt etwas
sagen, aber ich müßte sie nicht auslachen und es
verschweigen. Ich fragte: Was? und sie sagte,
sie wolle mir jetzt den Kuß geben, den sie mir
von jenem Abend her schuldig sei. Ich hatte
mich schon zu ihr geneigt und wir küßten uns
zwei oder drei Mal, aber höchst ungeschickt, wir
schämten uns, eilten zum Grabe, Anna warf die
Blumenlast darauf hin, wir fielen uns um den
Hals und küßten uns eine Viertelstunde lang
unaufhörlich, zuletzt ganz vollendet und schul¬
gerecht.


lunderſtrauches fing, ich ſie befreien wollte und
wir beide ſo in der ſtark duftenden Finſterniß
ſtanden, da fluͤſterte ſie, ſie moͤchte mir jetzt etwas
ſagen, aber ich muͤßte ſie nicht auslachen und es
verſchweigen. Ich fragte: Was? und ſie ſagte,
ſie wolle mir jetzt den Kuß geben, den ſie mir
von jenem Abend her ſchuldig ſei. Ich hatte
mich ſchon zu ihr geneigt und wir kuͤßten uns
zwei oder drei Mal, aber hoͤchſt ungeſchickt, wir
ſchaͤmten uns, eilten zum Grabe, Anna warf die
Blumenlaſt darauf hin, wir fielen uns um den
Hals und kuͤßten uns eine Viertelſtunde lang
unaufhoͤrlich, zuletzt ganz vollendet und ſchul¬
gerecht.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="144"/>
lunder&#x017F;trauches fing, ich &#x017F;ie befreien wollte und<lb/>
wir beide &#x017F;o in der &#x017F;tark duftenden Fin&#x017F;terniß<lb/>
&#x017F;tanden, da flu&#x0364;&#x017F;terte &#x017F;ie, &#x017F;ie mo&#x0364;chte mir jetzt etwas<lb/>
&#x017F;agen, aber ich mu&#x0364;ßte &#x017F;ie nicht auslachen und es<lb/>
ver&#x017F;chweigen. Ich fragte: Was? und &#x017F;ie &#x017F;agte,<lb/>
&#x017F;ie wolle mir jetzt den Kuß geben, den &#x017F;ie mir<lb/>
von jenem Abend her &#x017F;chuldig &#x017F;ei. Ich hatte<lb/>
mich &#x017F;chon zu ihr geneigt und wir ku&#x0364;ßten uns<lb/>
zwei oder drei Mal, aber ho&#x0364;ch&#x017F;t unge&#x017F;chickt, wir<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mten uns, eilten zum Grabe, Anna warf die<lb/>
Blumenla&#x017F;t darauf hin, wir fielen uns um den<lb/>
Hals und ku&#x0364;ßten uns eine Viertel&#x017F;tunde lang<lb/>
unaufho&#x0364;rlich, zuletzt ganz vollendet und &#x017F;chul¬<lb/>
gerecht.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0154] lunderſtrauches fing, ich ſie befreien wollte und wir beide ſo in der ſtark duftenden Finſterniß ſtanden, da fluͤſterte ſie, ſie moͤchte mir jetzt etwas ſagen, aber ich muͤßte ſie nicht auslachen und es verſchweigen. Ich fragte: Was? und ſie ſagte, ſie wolle mir jetzt den Kuß geben, den ſie mir von jenem Abend her ſchuldig ſei. Ich hatte mich ſchon zu ihr geneigt und wir kuͤßten uns zwei oder drei Mal, aber hoͤchſt ungeſchickt, wir ſchaͤmten uns, eilten zum Grabe, Anna warf die Blumenlaſt darauf hin, wir fielen uns um den Hals und kuͤßten uns eine Viertelſtunde lang unaufhoͤrlich, zuletzt ganz vollendet und ſchul¬ gerecht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/154
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/154>, abgerufen am 23.11.2024.