von meinem Vater, wie derselbe als kleines Jün¬ gelchen, wenn man ihn gefragt habe, was er ge¬ ben wolle, geantwortet: Ein'n Herr ab! näm¬ lich abgeben, was aber lustiger Weise geklungen hätte wie: Ein Herab! "Nun," fügte der Vet¬ ter hinzu, "wenn er gelebt haben würde, so wäre er noch ein vollständiger Herr geworden; eigent¬ lich war er an sich schon mehr als unser Einer! aber nun müsset Ihr aufmerken, Vetterlein, daß Ihr es auch zu was bringt und das zu Ende führet, was er angefangen hat. Allem Anscheine nach werdet Ihr für die Feder gut sein, sonder¬ lich da Euch die Mutter gut schulen läßt, soviel wir hören, und was ehrenfest von ihr gehandelt ist. Da müsset Ihr vor Allem aus nicht stolz werden und nicht so ein Fuchsschwanz, sondern Euch immerdar zu uns halten, damit Ihr ein rechter Volksmann werdet und wir auch was an Euch haben. Denn wir leiden in unserem Dorfe Noth an gelehrten Leuten und müssen unseren Bezirksnachbaren trotz unserer starken Zahl bei Wahlen immer die Vorhand lassen, weil wir keine Federhelden aufbringen können. Wenn Ihr,
von meinem Vater, wie derſelbe als kleines Juͤn¬ gelchen, wenn man ihn gefragt habe, was er ge¬ ben wolle, geantwortet: Ein'n Herr ab! naͤm¬ lich abgeben, was aber luſtiger Weiſe geklungen haͤtte wie: Ein Herab! »Nun,« fuͤgte der Vet¬ ter hinzu, »wenn er gelebt haben wuͤrde, ſo waͤre er noch ein vollſtaͤndiger Herr geworden; eigent¬ lich war er an ſich ſchon mehr als unſer Einer! aber nun muͤſſet Ihr aufmerken, Vetterlein, daß Ihr es auch zu was bringt und das zu Ende fuͤhret, was er angefangen hat. Allem Anſcheine nach werdet Ihr fuͤr die Feder gut ſein, ſonder¬ lich da Euch die Mutter gut ſchulen laͤßt, ſoviel wir hoͤren, und was ehrenfeſt von ihr gehandelt iſt. Da muͤſſet Ihr vor Allem aus nicht ſtolz werden und nicht ſo ein Fuchsſchwanz, ſondern Euch immerdar zu uns halten, damit Ihr ein rechter Volksmann werdet und wir auch was an Euch haben. Denn wir leiden in unſerem Dorfe Noth an gelehrten Leuten und muͤſſen unſeren Bezirksnachbaren trotz unſerer ſtarken Zahl bei Wahlen immer die Vorhand laſſen, weil wir keine Federhelden aufbringen koͤnnen. Wenn Ihr,
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von meinem Vater, wie derſelbe als kleines Juͤn¬
gelchen, wenn man ihn gefragt habe, was er ge¬
ben wolle, geantwortet: Ein'n Herr ab! naͤm¬
lich abgeben, was aber luſtiger Weiſe geklungen
haͤtte wie: Ein Herab! »Nun,« fuͤgte der Vet¬
ter hinzu, »wenn er gelebt haben wuͤrde, ſo waͤre
er noch ein vollſtaͤndiger Herr geworden; eigent¬
lich war er an ſich ſchon mehr als unſer Einer!
aber nun muͤſſet Ihr aufmerken, Vetterlein, daß
Ihr es auch zu was bringt und das zu Ende
fuͤhret, was er angefangen hat. Allem Anſcheine
nach werdet Ihr fuͤr die Feder gut ſein, ſonder¬
lich da Euch die Mutter gut ſchulen laͤßt, ſoviel
wir hoͤren, und was ehrenfeſt von ihr gehandelt
iſt. Da muͤſſet Ihr vor Allem aus nicht ſtolz
werden und nicht ſo ein Fuchsſchwanz, ſondern
Euch immerdar zu uns halten, damit Ihr ein
rechter Volksmann werdet und wir auch was an
Euch haben. Denn wir leiden in unſerem Dorfe
Noth an gelehrten Leuten und muͤſſen unſeren
Bezirksnachbaren trotz unſerer ſtarken Zahl bei
Wahlen immer die Vorhand laſſen, weil wir
keine Federhelden aufbringen koͤnnen. Wenn Ihr,
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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