denselben wie ein Almosen in die Hand: das alte Mütterchen füllte meine Taschen mit Aepfeln, daß ich nun mit Gaben förmlich beladen, ohne Widerrede gedemüthigt von dannen zog, von sämmtlichen Frauen zu fleißigem Besuche bei ih¬ nen, wie bei den noch übrigen Verwandten, auf¬ gefordert.
Es war schon tiefer Nachmittag, als ich end¬ lich das Haus meines Oheims wieder fand; es war verschlossen, weil alle Bewohner im Freien waren; doch wußte ich, daß ich durch Scheune und Stall ein Schlupfloch finden würde. In der Scheune sprang mir das Reh entgegen und schloß sich mir unverweilt an, da es ihm lang¬ weilig sein mochte, im Stalle sahen sich die Kühe, Unterhaltung fordernd, nach mir um, und ein le¬ diges Rind tappte halbwegs auf mich zu, sah mich verwundert an und machte Anstalt, einen vertraulichen Satz gegen mich zu nehmen, daß ich mich furchtsam in den nächsten Raum sal¬ virte, der ganz mit Ackergeräthschaften und Holz¬ gerümpel angefüllt war. Aus dem dunklen Wirr¬ sal hervor schoß mit vergnüglichem Murren der
denſelben wie ein Almoſen in die Hand: das alte Muͤtterchen fuͤllte meine Taſchen mit Aepfeln, daß ich nun mit Gaben foͤrmlich beladen, ohne Widerrede gedemuͤthigt von dannen zog, von ſaͤmmtlichen Frauen zu fleißigem Beſuche bei ih¬ nen, wie bei den noch uͤbrigen Verwandten, auf¬ gefordert.
Es war ſchon tiefer Nachmittag, als ich end¬ lich das Haus meines Oheims wieder fand; es war verſchloſſen, weil alle Bewohner im Freien waren; doch wußte ich, daß ich durch Scheune und Stall ein Schlupfloch finden wuͤrde. In der Scheune ſprang mir das Reh entgegen und ſchloß ſich mir unverweilt an, da es ihm lang¬ weilig ſein mochte, im Stalle ſahen ſich die Kuͤhe, Unterhaltung fordernd, nach mir um, und ein le¬ diges Rind tappte halbwegs auf mich zu, ſah mich verwundert an und machte Anſtalt, einen vertraulichen Satz gegen mich zu nehmen, daß ich mich furchtſam in den naͤchſten Raum ſal¬ virte, der ganz mit Ackergeraͤthſchaften und Holz¬ geruͤmpel angefuͤllt war. Aus dem dunklen Wirr¬ ſal hervor ſchoß mit vergnuͤglichem Murren der
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denſelben wie ein Almoſen in die Hand: das
alte Muͤtterchen fuͤllte meine Taſchen mit Aepfeln,
daß ich nun mit Gaben foͤrmlich beladen, ohne
Widerrede gedemuͤthigt von dannen zog, von
ſaͤmmtlichen Frauen zu fleißigem Beſuche bei ih¬
nen, wie bei den noch uͤbrigen Verwandten, auf¬
gefordert.
Es war ſchon tiefer Nachmittag, als ich end¬
lich das Haus meines Oheims wieder fand; es
war verſchloſſen, weil alle Bewohner im Freien
waren; doch wußte ich, daß ich durch Scheune
und Stall ein Schlupfloch finden wuͤrde. In
der Scheune ſprang mir das Reh entgegen und
ſchloß ſich mir unverweilt an, da es ihm lang¬
weilig ſein mochte, im Stalle ſahen ſich die Kuͤhe,
Unterhaltung fordernd, nach mir um, und ein le¬
diges Rind tappte halbwegs auf mich zu, ſah
mich verwundert an und machte Anſtalt, einen
vertraulichen Satz gegen mich zu nehmen, daß
ich mich furchtſam in den naͤchſten Raum ſal¬
virte, der ganz mit Ackergeraͤthſchaften und Holz¬
geruͤmpel angefuͤllt war. Aus dem dunklen Wirr¬
ſal hervor ſchoß mit vergnuͤglichem Murren der
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/28>, abgerufen am 21.11.2024.
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