Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und Räume und überall eine Unzahl geschwärzter Oel¬ gemälde enthielt, Thierstücke, Stillleben, Land¬ schaften und Perrückenbilder. In dieses Wesen hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach, seine Landwirthschaft geschoben, indem er einen Theil der Wohnung herausgebrochen, daß sich beide Elemente, das junkerhafte und das bäuer¬ liche, verschmolzen und durch wunderliche Thüren und Durchgänge verbanden. Aus einem mit Jag¬ den bemalten und mit alten theologischen Wer¬ ken versehenen Zimmer sah man sich, wenn man eine Tapetenthür öffnete, plötzlich auf den Heu¬ boden versetzt, das Parket und die Decke des Ka¬ minsaales waren mit Fallthüren versehen, welche mit Tenne und Speicher correspondirten, und ich verwunderte mich nachher, als ich in dem kühlen und heitern Saale meinen Sitz aufgeschlagen und an nichts dachte, als plötzlich eine schwere Garbe aus dem Boden stieg, an einem Seile aufgezo¬ gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder verschwand, wie ein Traum von den sieben fet¬ ten Jahren. Von der Decke dieses Saales hin¬
Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und Raͤume und uͤberall eine Unzahl geſchwaͤrzter Oel¬ gemaͤlde enthielt, Thierſtuͤcke, Stillleben, Land¬ ſchaften und Perruͤckenbilder. In dieſes Weſen hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach, ſeine Landwirthſchaft geſchoben, indem er einen Theil der Wohnung herausgebrochen, daß ſich beide Elemente, das junkerhafte und das baͤuer¬ liche, verſchmolzen und durch wunderliche Thuͤren und Durchgaͤnge verbanden. Aus einem mit Jag¬ den bemalten und mit alten theologiſchen Wer¬ ken verſehenen Zimmer ſah man ſich, wenn man eine Tapetenthuͤr oͤffnete, ploͤtzlich auf den Heu¬ boden verſetzt, das Parket und die Decke des Ka¬ minſaales waren mit Fallthuͤren verſehen, welche mit Tenne und Speicher correſpondirten, und ich verwunderte mich nachher, als ich in dem kuͤhlen und heitern Saale meinen Sitz aufgeſchlagen und an nichts dachte, als ploͤtzlich eine ſchwere Garbe aus dem Boden ſtieg, an einem Seile aufgezo¬ gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder verſchwand, wie ein Traum von den ſieben fet¬ ten Jahren. Von der Decke dieſes Saales hin¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0030"n="20"/>
Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und<lb/>
Raͤume und uͤberall eine Unzahl geſchwaͤrzter Oel¬<lb/>
gemaͤlde enthielt, Thierſtuͤcke, Stillleben, Land¬<lb/>ſchaften und Perruͤckenbilder. In dieſes Weſen<lb/>
hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach,<lb/>ſeine Landwirthſchaft geſchoben, indem er einen<lb/>
Theil der Wohnung herausgebrochen, daß ſich<lb/>
beide Elemente, das junkerhafte und das baͤuer¬<lb/>
liche, verſchmolzen und durch wunderliche Thuͤren<lb/>
und Durchgaͤnge verbanden. Aus einem mit Jag¬<lb/>
den bemalten und mit alten theologiſchen Wer¬<lb/>
ken verſehenen Zimmer ſah man ſich, wenn man<lb/>
eine Tapetenthuͤr oͤffnete, ploͤtzlich auf den Heu¬<lb/>
boden verſetzt, das Parket und die Decke des Ka¬<lb/>
minſaales waren mit Fallthuͤren verſehen, welche<lb/>
mit Tenne und Speicher correſpondirten, und ich<lb/>
verwunderte mich nachher, als ich in dem kuͤhlen<lb/>
und heitern Saale meinen Sitz aufgeſchlagen und<lb/>
an nichts dachte, als ploͤtzlich eine ſchwere Garbe<lb/>
aus dem Boden ſtieg, an einem Seile aufgezo¬<lb/>
gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder<lb/>
verſchwand, wie ein Traum von den ſieben fet¬<lb/>
ten Jahren. Von der Decke dieſes Saales hin¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[20/0030]
Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und
Raͤume und uͤberall eine Unzahl geſchwaͤrzter Oel¬
gemaͤlde enthielt, Thierſtuͤcke, Stillleben, Land¬
ſchaften und Perruͤckenbilder. In dieſes Weſen
hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach,
ſeine Landwirthſchaft geſchoben, indem er einen
Theil der Wohnung herausgebrochen, daß ſich
beide Elemente, das junkerhafte und das baͤuer¬
liche, verſchmolzen und durch wunderliche Thuͤren
und Durchgaͤnge verbanden. Aus einem mit Jag¬
den bemalten und mit alten theologiſchen Wer¬
ken verſehenen Zimmer ſah man ſich, wenn man
eine Tapetenthuͤr oͤffnete, ploͤtzlich auf den Heu¬
boden verſetzt, das Parket und die Decke des Ka¬
minſaales waren mit Fallthuͤren verſehen, welche
mit Tenne und Speicher correſpondirten, und ich
verwunderte mich nachher, als ich in dem kuͤhlen
und heitern Saale meinen Sitz aufgeſchlagen und
an nichts dachte, als ploͤtzlich eine ſchwere Garbe
aus dem Boden ſtieg, an einem Seile aufgezo¬
gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder
verſchwand, wie ein Traum von den ſieben fet¬
ten Jahren. Von der Decke dieſes Saales hin¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/30>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.