kräftig zu tadeln wißt, so versteht ihr gewiß noch eben so gut zu lernen. Vor Allem freut es mich, euch in Betreff der beiden Männer, welche so eben weggingen, euren Muth wieder aufzurich¬ ten ; es mögen allerdings nicht Alle gleich sein in unserem Schweizerlande; doch vom Herrn Can¬ tonsrath sowohl, wie vom Leuenwirth mögt ihr sicher glauben, daß sie Hab und Gut sowohl dem Lande in Gefahr hingeben, als es Einer für den Andern opfern würde, wenn er in's Unglück geriethe, und das vielleicht gerade desto unbe¬ denklicher, als der Andere sich heut kräftiger um die Straße gewehrt hat. Sodann merkt euch für eure künftige Tage, wer seinen Vortheil nicht mit unverholener Hand zu erringen und zu wah¬ ren versteht, der wird auch nie im Stande sein, seinem Nächsten aus freier That einen Vortheil zu verschaffen! Denn es ist (hier schien sich der Statthalter mehr an den Schulmeister zu wen¬ den) ein großer Unterschied zwischen dem freien Preisgeben oder Mittheilen eines erworbenen, er¬ rungenen Gutes und zwischen dem trägen Fah¬ renlassen dessen, was man nie besessen hat oder
kraͤftig zu tadeln wißt, ſo verſteht ihr gewiß noch eben ſo gut zu lernen. Vor Allem freut es mich, euch in Betreff der beiden Maͤnner, welche ſo eben weggingen, euren Muth wieder aufzurich¬ ten ; es moͤgen allerdings nicht Alle gleich ſein in unſerem Schweizerlande; doch vom Herrn Can¬ tonsrath ſowohl, wie vom Leuenwirth moͤgt ihr ſicher glauben, daß ſie Hab und Gut ſowohl dem Lande in Gefahr hingeben, als es Einer fuͤr den Andern opfern wuͤrde, wenn er in's Ungluͤck geriethe, und das vielleicht gerade deſto unbe¬ denklicher, als der Andere ſich heut kraͤftiger um die Straße gewehrt hat. Sodann merkt euch fuͤr eure kuͤnftige Tage, wer ſeinen Vortheil nicht mit unverholener Hand zu erringen und zu wah¬ ren verſteht, der wird auch nie im Stande ſein, ſeinem Naͤchſten aus freier That einen Vortheil zu verſchaffen! Denn es iſt (hier ſchien ſich der Statthalter mehr an den Schulmeiſter zu wen¬ den) ein großer Unterſchied zwiſchen dem freien Preisgeben oder Mittheilen eines erworbenen, er¬ rungenen Gutes und zwiſchen dem traͤgen Fah¬ renlaſſen deſſen, was man nie beſeſſen hat oder
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kraͤftig zu tadeln wißt, ſo verſteht ihr gewiß noch
eben ſo gut zu lernen. Vor Allem freut es mich,
euch in Betreff der beiden Maͤnner, welche ſo
eben weggingen, euren Muth wieder aufzurich¬
ten ; es moͤgen allerdings nicht Alle gleich ſein in
unſerem Schweizerlande; doch vom Herrn Can¬
tonsrath ſowohl, wie vom Leuenwirth moͤgt ihr
ſicher glauben, daß ſie Hab und Gut ſowohl
dem Lande in Gefahr hingeben, als es Einer fuͤr
den Andern opfern wuͤrde, wenn er in's Ungluͤck
geriethe, und das vielleicht gerade deſto unbe¬
denklicher, als der Andere ſich heut kraͤftiger um
die Straße gewehrt hat. Sodann merkt euch fuͤr
eure kuͤnftige Tage, wer ſeinen Vortheil nicht
mit unverholener Hand zu erringen und zu wah¬
ren verſteht, der wird auch nie im Stande ſein,
ſeinem Naͤchſten aus freier That einen Vortheil
zu verſchaffen! Denn es iſt (hier ſchien ſich der
Statthalter mehr an den Schulmeiſter zu wen¬
den) ein großer Unterſchied zwiſchen dem freien
Preisgeben oder Mittheilen eines erworbenen, er¬
rungenen Gutes und zwiſchen dem traͤgen Fah¬
renlaſſen deſſen, was man nie beſeſſen hat oder
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/402>, abgerufen am 23.11.2024.
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