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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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die Brunneckerin vorstellen sollte, während ich
den Rudenz machte, das Ereigniß herbeigeführt
und daß unsere Küsse in den seltsamen Kleidern
wohnten, welche wir anhatten. Jedenfalls hätte
ich ohne diesen Umstand noch lange warten kön¬
nen, bis uns eine solche Vertraulichkeit wider¬
fahren wäre.

Ein gewaltiges Rauschen in den Baumkro¬
nen rings um uns weckte uns aus der melancho¬
lischen Versenkung, die eigentlich schon wieder
an eine andere Art von schönem Glück streifte;
denn meiner Erinnerung sind die letzten Augen¬
blicke, ehe uns der starke Südwind wach rauschte,
nicht weniger lieb und kostbar, als jener Ritt
auf der Höhe und durch den Tannenwald. Auch
Anna schien sich zufriedener zu fühlen; als wir
uns erhoben, lächelte sie flüchtig gegen unser ver¬
schwindendes Bild im Wasser, doch schienen ihre
anmuthig entschiedenen Bewegungen zugleich zu
sagen: Wage es ferner nicht, uns berührend zu
begegnen, bis die rechte Stunde gekommen!

Die Pferde hatten längst zu trinken aufge¬
hört und standen verwundert in der engen Wild¬

die Brunneckerin vorſtellen ſollte, waͤhrend ich
den Rudenz machte, das Ereigniß herbeigefuͤhrt
und daß unſere Kuͤſſe in den ſeltſamen Kleidern
wohnten, welche wir anhatten. Jedenfalls haͤtte
ich ohne dieſen Umſtand noch lange warten koͤn¬
nen, bis uns eine ſolche Vertraulichkeit wider¬
fahren waͤre.

Ein gewaltiges Rauſchen in den Baumkro¬
nen rings um uns weckte uns aus der melancho¬
liſchen Verſenkung, die eigentlich ſchon wieder
an eine andere Art von ſchoͤnem Gluͤck ſtreifte;
denn meiner Erinnerung ſind die letzten Augen¬
blicke, ehe uns der ſtarke Suͤdwind wach rauſchte,
nicht weniger lieb und koſtbar, als jener Ritt
auf der Hoͤhe und durch den Tannenwald. Auch
Anna ſchien ſich zufriedener zu fuͤhlen; als wir
uns erhoben, laͤchelte ſie fluͤchtig gegen unſer ver¬
ſchwindendes Bild im Waſſer, doch ſchienen ihre
anmuthig entſchiedenen Bewegungen zugleich zu
ſagen: Wage es ferner nicht, uns beruͤhrend zu
begegnen, bis die rechte Stunde gekommen!

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[416/0426] die Brunneckerin vorſtellen ſollte, waͤhrend ich den Rudenz machte, das Ereigniß herbeigefuͤhrt und daß unſere Kuͤſſe in den ſeltſamen Kleidern wohnten, welche wir anhatten. Jedenfalls haͤtte ich ohne dieſen Umſtand noch lange warten koͤn¬ nen, bis uns eine ſolche Vertraulichkeit wider¬ fahren waͤre. Ein gewaltiges Rauſchen in den Baumkro¬ nen rings um uns weckte uns aus der melancho¬ liſchen Verſenkung, die eigentlich ſchon wieder an eine andere Art von ſchoͤnem Gluͤck ſtreifte; denn meiner Erinnerung ſind die letzten Augen¬ blicke, ehe uns der ſtarke Suͤdwind wach rauſchte, nicht weniger lieb und koſtbar, als jener Ritt auf der Hoͤhe und durch den Tannenwald. Auch Anna ſchien ſich zufriedener zu fuͤhlen; als wir uns erhoben, laͤchelte ſie fluͤchtig gegen unſer ver¬ ſchwindendes Bild im Waſſer, doch ſchienen ihre anmuthig entſchiedenen Bewegungen zugleich zu ſagen: Wage es ferner nicht, uns beruͤhrend zu begegnen, bis die rechte Stunde gekommen! Die Pferde hatten laͤngſt zu trinken aufge¬ hoͤrt und ſtanden verwundert in der engen Wild¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/426>, abgerufen am 23.11.2024.