baut, in kleinerem Maßstabe, aber immer poe¬ tisch. Eine Menge Thäler und Einschnitte, von Gewässern durchzogen, versprachen eine reiche Zu¬ flucht für fortwährende Streifereien, vorzüglich war es ein rechtes Waldland. Die Formen wa¬ ren eben nicht malerisch, meistens sogar mono¬ ton, und doch waren die Gegenstände groß und schön durch ihr Dasein, durch ihre Bedeutung, durch den Contrast, in welchem sie zu einander standen und erst in den Ueber- und Durchgängen gab es eine Menge malerischer Anblicke, welche gesucht sein wollten, indessen das reichste Detail an Bäumen und Steinen bei jedem Schritte ent¬ gegensprang. Kurz, es war nicht eine raffinirte schöne Gegend, deren Hauptzüge in einem Tage erschöpft sind, sondern eine solide Landschaft, welche bei anscheinender Härte und Schroffheit tief und lebendig war. Dieser und jener Berg lag gleich einem Wallrosse träg und einförmig da, aber wenn man in ihn hineinging, so bot er alle Wunder der Phantasie so reichlich, daß einem die Wahl schwer wurde.
Indessen wir auf einem anderen Wege nach
3 *
baut, in kleinerem Maßſtabe, aber immer poe¬ tiſch. Eine Menge Thaͤler und Einſchnitte, von Gewaͤſſern durchzogen, verſprachen eine reiche Zu¬ flucht fuͤr fortwaͤhrende Streifereien, vorzuͤglich war es ein rechtes Waldland. Die Formen wa¬ ren eben nicht maleriſch, meiſtens ſogar mono¬ ton, und doch waren die Gegenſtaͤnde groß und ſchoͤn durch ihr Daſein, durch ihre Bedeutung, durch den Contraſt, in welchem ſie zu einander ſtanden und erſt in den Ueber- und Durchgaͤngen gab es eine Menge maleriſcher Anblicke, welche geſucht ſein wollten, indeſſen das reichſte Detail an Baͤumen und Steinen bei jedem Schritte ent¬ gegenſprang. Kurz, es war nicht eine raffinirte ſchoͤne Gegend, deren Hauptzuͤge in einem Tage erſchoͤpft ſind, ſondern eine ſolide Landſchaft, welche bei anſcheinender Haͤrte und Schroffheit tief und lebendig war. Dieſer und jener Berg lag gleich einem Wallroſſe traͤg und einfoͤrmig da, aber wenn man in ihn hineinging, ſo bot er alle Wunder der Phantaſie ſo reichlich, daß einem die Wahl ſchwer wurde.
Indeſſen wir auf einem anderen Wege nach
3 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0045"n="35"/>
baut, in kleinerem Maßſtabe, aber immer poe¬<lb/>
tiſch. Eine Menge Thaͤler und Einſchnitte, von<lb/>
Gewaͤſſern durchzogen, verſprachen eine reiche Zu¬<lb/>
flucht fuͤr fortwaͤhrende Streifereien, vorzuͤglich<lb/>
war es ein rechtes Waldland. Die Formen wa¬<lb/>
ren eben nicht maleriſch, meiſtens ſogar mono¬<lb/>
ton, und doch waren die Gegenſtaͤnde groß und<lb/>ſchoͤn durch ihr Daſein, durch ihre Bedeutung,<lb/>
durch den Contraſt, in welchem ſie zu einander<lb/>ſtanden und erſt in den Ueber- und Durchgaͤngen<lb/>
gab es eine Menge maleriſcher Anblicke, welche<lb/>
geſucht ſein wollten, indeſſen das reichſte Detail<lb/>
an Baͤumen und Steinen bei jedem Schritte ent¬<lb/>
gegenſprang. Kurz, es war nicht eine raffinirte<lb/>ſchoͤne Gegend, deren Hauptzuͤge in einem Tage<lb/>
erſchoͤpft ſind, ſondern eine ſolide Landſchaft,<lb/>
welche bei anſcheinender Haͤrte und Schroffheit<lb/>
tief und lebendig war. Dieſer und jener Berg<lb/>
lag gleich einem Wallroſſe traͤg und einfoͤrmig<lb/>
da, aber wenn man in ihn hineinging, ſo bot er<lb/>
alle Wunder der Phantaſie ſo reichlich, daß einem<lb/>
die Wahl ſchwer wurde.</p><lb/><p>Indeſſen wir auf einem anderen Wege nach<lb/><fwplace="bottom"type="sig">3 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[35/0045]
baut, in kleinerem Maßſtabe, aber immer poe¬
tiſch. Eine Menge Thaͤler und Einſchnitte, von
Gewaͤſſern durchzogen, verſprachen eine reiche Zu¬
flucht fuͤr fortwaͤhrende Streifereien, vorzuͤglich
war es ein rechtes Waldland. Die Formen wa¬
ren eben nicht maleriſch, meiſtens ſogar mono¬
ton, und doch waren die Gegenſtaͤnde groß und
ſchoͤn durch ihr Daſein, durch ihre Bedeutung,
durch den Contraſt, in welchem ſie zu einander
ſtanden und erſt in den Ueber- und Durchgaͤngen
gab es eine Menge maleriſcher Anblicke, welche
geſucht ſein wollten, indeſſen das reichſte Detail
an Baͤumen und Steinen bei jedem Schritte ent¬
gegenſprang. Kurz, es war nicht eine raffinirte
ſchoͤne Gegend, deren Hauptzuͤge in einem Tage
erſchoͤpft ſind, ſondern eine ſolide Landſchaft,
welche bei anſcheinender Haͤrte und Schroffheit
tief und lebendig war. Dieſer und jener Berg
lag gleich einem Wallroſſe traͤg und einfoͤrmig
da, aber wenn man in ihn hineinging, ſo bot er
alle Wunder der Phantaſie ſo reichlich, daß einem
die Wahl ſchwer wurde.
Indeſſen wir auf einem anderen Wege nach
3 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/45>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.