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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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Stadt. So waren meine Basen ganz auf sich
selbst, auf eine intelligente Dorfnätherin und auf
einige Traditionen des Hauses gewiesen, welche
sie als eifrige Forscherinnen der dunklen Vergan¬
genheit entlockten. Deswegen waren ihre Erfolge
doppelt achtungswerth, und wenn wir sie mit
einem spöttischen Ah! empfingen bei ihrer heu¬
tigen Erscheinung, so war dieser Spott nur ein
verstellter und die Maske einer aufrichtigen Be¬
wunderung.

Indessen entsprach unsere Tracht an kühner
und eleganter Mischung vollkommen derjenigen
der Jungfrauen. Die Vettern trugen Jacken von
ziemlich grobem Tuche, welchen aber der Dorf¬
schneider in Betracht ihres Ranges einen kecken,
ja höchst gewagten Zuschnitt gegeben hatte, indem
er in die tiefsten Abgründe seiner Phantasie und
Erfahrung hinuntergestiegen. Diese Jacken wa¬
ren mit einer Unzahl blanker Knöpfe besetzt, auf
welchen die Thiere des Waldes gepreßt in jagd¬
gerechten Sprüngen erschienen, und welche der
Oheim einst bei guter Gelegenheit en gros ein¬
gehandelt und sich so für Kind und Kindeskind

Stadt. So waren meine Baſen ganz auf ſich
ſelbſt, auf eine intelligente Dorfnaͤtherin und auf
einige Traditionen des Hauſes gewieſen, welche
ſie als eifrige Forſcherinnen der dunklen Vergan¬
genheit entlockten. Deswegen waren ihre Erfolge
doppelt achtungswerth, und wenn wir ſie mit
einem ſpoͤttiſchen Ah! empfingen bei ihrer heu¬
tigen Erſcheinung, ſo war dieſer Spott nur ein
verſtellter und die Maske einer aufrichtigen Be¬
wunderung.

Indeſſen entſprach unſere Tracht an kuͤhner
und eleganter Miſchung vollkommen derjenigen
der Jungfrauen. Die Vettern trugen Jacken von
ziemlich grobem Tuche, welchen aber der Dorf¬
ſchneider in Betracht ihres Ranges einen kecken,
ja hoͤchſt gewagten Zuſchnitt gegeben hatte, indem
er in die tiefſten Abgruͤnde ſeiner Phantaſie und
Erfahrung hinuntergeſtiegen. Dieſe Jacken wa¬
ren mit einer Unzahl blanker Knoͤpfe beſetzt, auf
welchen die Thiere des Waldes gepreßt in jagd¬
gerechten Spruͤngen erſchienen, und welche der
Oheim einſt bei guter Gelegenheit en gros ein¬
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[55/0065] Stadt. So waren meine Baſen ganz auf ſich ſelbſt, auf eine intelligente Dorfnaͤtherin und auf einige Traditionen des Hauſes gewieſen, welche ſie als eifrige Forſcherinnen der dunklen Vergan¬ genheit entlockten. Deswegen waren ihre Erfolge doppelt achtungswerth, und wenn wir ſie mit einem ſpoͤttiſchen Ah! empfingen bei ihrer heu¬ tigen Erſcheinung, ſo war dieſer Spott nur ein verſtellter und die Maske einer aufrichtigen Be¬ wunderung. Indeſſen entſprach unſere Tracht an kuͤhner und eleganter Miſchung vollkommen derjenigen der Jungfrauen. Die Vettern trugen Jacken von ziemlich grobem Tuche, welchen aber der Dorf¬ ſchneider in Betracht ihres Ranges einen kecken, ja hoͤchſt gewagten Zuſchnitt gegeben hatte, indem er in die tiefſten Abgruͤnde ſeiner Phantaſie und Erfahrung hinuntergeſtiegen. Dieſe Jacken wa¬ ren mit einer Unzahl blanker Knoͤpfe beſetzt, auf welchen die Thiere des Waldes gepreßt in jagd¬ gerechten Spruͤngen erſchienen, und welche der Oheim einſt bei guter Gelegenheit en gros ein¬ gehandelt und ſich ſo fuͤr Kind und Kindeskind

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/65>, abgerufen am 04.12.2024.