Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

Bis jetzt war durch mich noch nicht ein Bissen
Brod in die Welt gekommen, und mein bisheri¬
ges Treiben hatte mich weit von dem betriebsa¬
men Verkehr abgeführt; ich gab also ohne großen
Aufwand von Gefühlen meine Erstlingsstimme
in öffentlichen Dingen, mehr um einstweilen mein
Recht zu wahren und dasselbe bloß andeutungs¬
weise einmal auszuüben, ehe ich in die Weite
ging, um erst etwas zu werden. Indessen be¬
trachtete ich mit Vergnügen die versammelten
Männer und ihr Behaben, und freute mich an
ihnen sowohl, wie an den zahllosen Blüthen,
welche überall die Erde bedeckten und an dem
blauen Maihimmel, welcher über Alle sich aus¬
spannte.

Mein einziges Trachten ging aber von nun
an dahin, so bald als möglich über den Rhein
zu gelangen, und um mir bis dahin die Stunden
zu verkürzen, habe ich mir diese Schrift geschrieben.

Ende der Jugendgeschichte.


Bis jetzt war durch mich noch nicht ein Biſſen
Brod in die Welt gekommen, und mein bisheri¬
ges Treiben hatte mich weit von dem betriebſa¬
men Verkehr abgefuͤhrt; ich gab alſo ohne großen
Aufwand von Gefuͤhlen meine Erſtlingsſtimme
in oͤffentlichen Dingen, mehr um einſtweilen mein
Recht zu wahren und daſſelbe bloß andeutungs¬
weiſe einmal auszuuͤben, ehe ich in die Weite
ging, um erſt etwas zu werden. Indeſſen be¬
trachtete ich mit Vergnuͤgen die verſammelten
Maͤnner und ihr Behaben, und freute mich an
ihnen ſowohl, wie an den zahlloſen Bluͤthen,
welche uͤberall die Erde bedeckten und an dem
blauen Maihimmel, welcher uͤber Alle ſich aus¬
ſpannte.

Mein einziges Trachten ging aber von nun
an dahin, ſo bald als moͤglich uͤber den Rhein
zu gelangen, und um mir bis dahin die Stunden
zu verkuͤrzen, habe ich mir dieſe Schrift geſchrieben.

Ende der Jugendgeſchichte.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="173"/>
Bis jetzt war durch mich noch nicht ein Bi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Brod in die Welt gekommen, und mein bisheri¬<lb/>
ges Treiben hatte mich weit von dem betrieb&#x017F;<lb/>
men Verkehr abgefu&#x0364;hrt; ich gab al&#x017F;o ohne großen<lb/>
Aufwand von Gefu&#x0364;hlen meine Er&#x017F;tlings&#x017F;timme<lb/>
in o&#x0364;ffentlichen Dingen, mehr um ein&#x017F;tweilen mein<lb/>
Recht zu wahren und da&#x017F;&#x017F;elbe bloß andeutungs¬<lb/>
wei&#x017F;e einmal auszuu&#x0364;ben, ehe ich in die Weite<lb/>
ging, um er&#x017F;t etwas zu werden. Inde&#x017F;&#x017F;en be¬<lb/>
trachtete ich mit Vergnu&#x0364;gen die ver&#x017F;ammelten<lb/>
Ma&#x0364;nner und ihr Behaben, und freute mich an<lb/>
ihnen &#x017F;owohl, wie an den zahllo&#x017F;en Blu&#x0364;then,<lb/>
welche u&#x0364;berall die Erde bedeckten und an dem<lb/>
blauen Maihimmel, welcher u&#x0364;ber Alle &#x017F;ich aus¬<lb/>
&#x017F;pannte.</p><lb/>
        <p>Mein einziges Trachten ging aber von nun<lb/>
an dahin, &#x017F;o bald als mo&#x0364;glich u&#x0364;ber den Rhein<lb/>
zu gelangen, und um mir bis dahin die Stunden<lb/>
zu verku&#x0364;rzen, habe ich mir die&#x017F;e Schrift ge&#x017F;chrieben.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#g">Ende der Jugendge&#x017F;chichte.</hi> </p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0183] Bis jetzt war durch mich noch nicht ein Biſſen Brod in die Welt gekommen, und mein bisheri¬ ges Treiben hatte mich weit von dem betriebſa¬ men Verkehr abgefuͤhrt; ich gab alſo ohne großen Aufwand von Gefuͤhlen meine Erſtlingsſtimme in oͤffentlichen Dingen, mehr um einſtweilen mein Recht zu wahren und daſſelbe bloß andeutungs¬ weiſe einmal auszuuͤben, ehe ich in die Weite ging, um erſt etwas zu werden. Indeſſen be¬ trachtete ich mit Vergnuͤgen die verſammelten Maͤnner und ihr Behaben, und freute mich an ihnen ſowohl, wie an den zahlloſen Bluͤthen, welche uͤberall die Erde bedeckten und an dem blauen Maihimmel, welcher uͤber Alle ſich aus¬ ſpannte. Mein einziges Trachten ging aber von nun an dahin, ſo bald als moͤglich uͤber den Rhein zu gelangen, und um mir bis dahin die Stunden zu verkuͤrzen, habe ich mir dieſe Schrift geſchrieben. Ende der Jugendgeſchichte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/183
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/183>, abgerufen am 21.11.2024.