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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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blickte ruhig, fast schwermüthig, aber mit mitlei¬
digem, bedauerlichem Spott drein, und endlich
schloß den Halbkreis, dem Jüngling gegenüber,
ein eleganter Abbe in seidener Soutane, welcher,
wie eben erst aufmerksam gemacht, einen forschen¬
den stechenden Blick auf den Beschauer richtete,
während er eine Prise in die Nase drückte und in
diesem Geschäft einen Augenblick anhielt, so sehr
schien ihn die Lächerlichkeit, Hohlheit oder Unlau¬
terkeit des Beschauers zu frappiren und zu heil¬
losen Witzen aufzufordern. So waren alle
Blicke, mit Ausnahme derer des Mädchens, auf
den gerichtet, welcher vor das Bild trat, und sie
schienen mit unabwehrbarer Durchdringung jede
Selbsttäuschung, Halbheit, Schwärmerei, jede
verborgene Schwäche, jede unbewußte Heuchelei
aus ihm herauszufischen oder vielmehr schon ent¬
deckt zu haben. Auf ihren eigenen Stirnen und
über ihren Augen, um ihre Mundwinkel ruhte
zwar unverkennbare Hoffnungslosigkeit: aber trotz
ihrer Marmorblässe, die alle, ohne den röthlichen
Greis, überzog, staken sie in einer so unverwüst¬
lichen muntern Gesundheit, und der Beschauer,

blickte ruhig, faſt ſchwermuͤthig, aber mit mitlei¬
digem, bedauerlichem Spott drein, und endlich
ſchloß den Halbkreis, dem Juͤngling gegenuͤber,
ein eleganter Abbé in ſeidener Soutane, welcher,
wie eben erſt aufmerkſam gemacht, einen forſchen¬
den ſtechenden Blick auf den Beſchauer richtete,
waͤhrend er eine Priſe in die Naſe druͤckte und in
dieſem Geſchaͤft einen Augenblick anhielt, ſo ſehr
ſchien ihn die Laͤcherlichkeit, Hohlheit oder Unlau¬
terkeit des Beſchauers zu frappiren und zu heil¬
loſen Witzen aufzufordern. So waren alle
Blicke, mit Ausnahme derer des Maͤdchens, auf
den gerichtet, welcher vor das Bild trat, und ſie
ſchienen mit unabwehrbarer Durchdringung jede
Selbſttaͤuſchung, Halbheit, Schwaͤrmerei, jede
verborgene Schwaͤche, jede unbewußte Heuchelei
aus ihm herauszufiſchen oder vielmehr ſchon ent¬
deckt zu haben. Auf ihren eigenen Stirnen und
uͤber ihren Augen, um ihre Mundwinkel ruhte
zwar unverkennbare Hoffnungsloſigkeit: aber trotz
ihrer Marmorblaͤſſe, die alle, ohne den roͤthlichen
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[189/0199] blickte ruhig, faſt ſchwermuͤthig, aber mit mitlei¬ digem, bedauerlichem Spott drein, und endlich ſchloß den Halbkreis, dem Juͤngling gegenuͤber, ein eleganter Abbé in ſeidener Soutane, welcher, wie eben erſt aufmerkſam gemacht, einen forſchen¬ den ſtechenden Blick auf den Beſchauer richtete, waͤhrend er eine Priſe in die Naſe druͤckte und in dieſem Geſchaͤft einen Augenblick anhielt, ſo ſehr ſchien ihn die Laͤcherlichkeit, Hohlheit oder Unlau¬ terkeit des Beſchauers zu frappiren und zu heil¬ loſen Witzen aufzufordern. So waren alle Blicke, mit Ausnahme derer des Maͤdchens, auf den gerichtet, welcher vor das Bild trat, und ſie ſchienen mit unabwehrbarer Durchdringung jede Selbſttaͤuſchung, Halbheit, Schwaͤrmerei, jede verborgene Schwaͤche, jede unbewußte Heuchelei aus ihm herauszufiſchen oder vielmehr ſchon ent¬ deckt zu haben. Auf ihren eigenen Stirnen und uͤber ihren Augen, um ihre Mundwinkel ruhte zwar unverkennbare Hoffnungsloſigkeit: aber trotz ihrer Marmorblaͤſſe, die alle, ohne den roͤthlichen Greis, uͤberzog, ſtaken ſie in einer ſo unverwuͤſt¬ lichen muntern Geſundheit, und der Beſchauer,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/199>, abgerufen am 24.11.2024.