Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.Das junge Weib mit voller Brust und rundem "Der Menschen wunderliches Weben, Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben, Schieben, Reißen, Drängen und Reiben, Wie kunterbunt die Wirthschaft tollert, Der Ameishauf' durcheinander kollert! -- Unter dem Himmel allerlei Wesen, Wie ihr's möcht in sein'n Schriften lesen." Welcher auch das alte Weiblein zu ihm gleiten "Man nennet sie Historia, Mythologia, Fabula. Sie ist rumpfet, strumpfet, bucklet und krumb, Aber eben ehrwürdig darumb" -- auch welcher that einen Narren spüren "mit Bocks- und Affen-Sprüngen hofiren;" welchem endlich stieg "auf einer Wolke Saum Herein zu's Oberfensters Raum Die Muse, heilig anzuschau'n Wie'n Bild unsrer lieben Frau'n. Die umgiebt ihn mit ihrer Klarheit, Immer kräftig wirkender Wahrheit". -- Und obgleich hier der Sängergreis ganz erschien, Das junge Weib mit voller Bruſt und rundem »Der Menſchen wunderliches Weben, Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben, Schieben, Reißen, Draͤngen und Reiben, Wie kunterbunt die Wirthſchaft tollert, Der Ameishauf' durcheinander kollert! — Unter dem Himmel allerlei Weſen, Wie ihr's moͤcht in ſein'n Schriften leſen.« Welcher auch das alte Weiblein zu ihm gleiten »Man nennet ſie Hiſtoria, Mythologia, Fabula. Sie iſt rumpfet, ſtrumpfet, bucklet und krumb, Aber eben ehrwuͤrdig darumb« — auch welcher that einen Narren ſpuͤren »mit Bocks- und Affen-Spruͤngen hofiren;« welchem endlich ſtieg »auf einer Wolke Saum Herein zu's Oberfenſters Raum Die Muſe, heilig anzuſchau'n Wie'n Bild unſrer lieben Frau'n. Die umgiebt ihn mit ihrer Klarheit, Immer kraͤftig wirkender Wahrheit«. — Und obgleich hier der Saͤngergreis ganz erſchien, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0248" n="238"/> Das junge Weib mit voller Bruſt und rundem<lb/> Leib, wie Goͤthe ſang, hatte ihm gezeigt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>»Der Menſchen wunderliches Weben,</l><lb/> <l>Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben,</l><lb/> <l>Schieben, Reißen, Draͤngen und Reiben,</l><lb/> <l>Wie kunterbunt die Wirthſchaft tollert,</l><lb/> <l>Der Ameishauf' durcheinander kollert! —</l><lb/> <l>Unter dem Himmel allerlei Weſen,</l><lb/> <l>Wie ihr's moͤcht in ſein'n Schriften leſen.«</l><lb/> </lg> <p>Welcher auch das alte Weiblein zu ihm gleiten<lb/> ſah:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>»Man nennet ſie Hiſtoria,</l><lb/> <l>Mythologia, Fabula.</l><lb/> <l>Sie iſt rumpfet, ſtrumpfet, bucklet und krumb,</l><lb/> <l>Aber eben ehrwuͤrdig darumb« —</l><lb/> </lg> <p>auch welcher that einen Narren ſpuͤren</p><lb/> <lg type="poem"> <l>»mit Bocks- und Affen-Spruͤngen hofiren;«</l><lb/> </lg> <p>welchem endlich ſtieg</p><lb/> <lg type="poem"> <l>»auf einer Wolke Saum</l><lb/> <l>Herein zu's Oberfenſters Raum</l><lb/> <l>Die Muſe, heilig anzuſchau'n</l><lb/> <l>Wie'n Bild unſrer lieben Frau'n.</l><lb/> <l>Die umgiebt ihn mit ihrer Klarheit,</l><lb/> <l>Immer kraͤftig wirkender Wahrheit«. —</l><lb/> </lg> <p>Und obgleich hier der Saͤngergreis ganz erſchien,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0248]
Das junge Weib mit voller Bruſt und rundem
Leib, wie Goͤthe ſang, hatte ihm gezeigt:
»Der Menſchen wunderliches Weben,
Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben,
Schieben, Reißen, Draͤngen und Reiben,
Wie kunterbunt die Wirthſchaft tollert,
Der Ameishauf' durcheinander kollert! —
Unter dem Himmel allerlei Weſen,
Wie ihr's moͤcht in ſein'n Schriften leſen.«
Welcher auch das alte Weiblein zu ihm gleiten
ſah:
»Man nennet ſie Hiſtoria,
Mythologia, Fabula.
Sie iſt rumpfet, ſtrumpfet, bucklet und krumb,
Aber eben ehrwuͤrdig darumb« —
auch welcher that einen Narren ſpuͤren
»mit Bocks- und Affen-Spruͤngen hofiren;«
welchem endlich ſtieg
»auf einer Wolke Saum
Herein zu's Oberfenſters Raum
Die Muſe, heilig anzuſchau'n
Wie'n Bild unſrer lieben Frau'n.
Die umgiebt ihn mit ihrer Klarheit,
Immer kraͤftig wirkender Wahrheit«. —
Und obgleich hier der Saͤngergreis ganz erſchien,
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