Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

Fresko und in Wachs waren schon unabsehbare
Wände bemalt, ja in diesem Gebiete war ein
Unerhörtes und Neues geschehen, indem ein schlich¬
ter Meister lange Hallen mit italienischen und
hellenischen Landschaften auf eine maßgebende und
bleibende Weise und zwar so bemalt hatte, daß die
Griechen, deren plastischem Auge unsere heutige Land¬
schafterei wahrscheinlich ungenießbar wäre, diese Bil¬
der verstanden und genossen und darin unserer Zeit
einen Vortheil beneidet hätten. Haushohe Glas¬
fenster wurden hier gebrannt und zusammengesetzt in
einem Farbenfeuer und mit solch bewußtem Ge¬
schmacke, daß sie gegen die alten Reste, die wir
besitzen, als eine neue That gelten konnten, und
was die Gemäldesammlungen des Staates an
seltenen und unersetzbaren Schätzen auf verwit¬
terter Leinwand bewahrten, wurde zur Erhaltung
von bewährten Arbeitern mit anspruchlosem Fleiße
auf Porzellanplatten und edle Gefäße getreu über¬
getragen mit einer Kunst, die man selbst vor
zwanzig Jahren nicht geübt hatte. Neue bedeut¬
same Sammlungen entstanden auf diese Art.

Nachdem nun, was eine Stadt baut und ziert

Fresko und in Wachs waren ſchon unabſehbare
Waͤnde bemalt, ja in dieſem Gebiete war ein
Unerhoͤrtes und Neues geſchehen, indem ein ſchlich¬
ter Meiſter lange Hallen mit italieniſchen und
helleniſchen Landſchaften auf eine maßgebende und
bleibende Weiſe und zwar ſo bemalt hatte, daß die
Griechen, deren plaſtiſchem Auge unſere heutige Land¬
ſchafterei wahrſcheinlich ungenießbar waͤre, dieſe Bil¬
der verſtanden und genoſſen und darin unſerer Zeit
einen Vortheil beneidet haͤtten. Haushohe Glas¬
fenſter wurden hier gebrannt und zuſammengeſetzt in
einem Farbenfeuer und mit ſolch bewußtem Ge¬
ſchmacke, daß ſie gegen die alten Reſte, die wir
beſitzen, als eine neue That gelten konnten, und
was die Gemaͤldeſammlungen des Staates an
ſeltenen und unerſetzbaren Schaͤtzen auf verwit¬
terter Leinwand bewahrten, wurde zur Erhaltung
von bewaͤhrten Arbeitern mit anſpruchloſem Fleiße
auf Porzellanplatten und edle Gefaͤße getreu uͤber¬
getragen mit einer Kunſt, die man ſelbſt vor
zwanzig Jahren nicht geuͤbt hatte. Neue bedeut¬
ſame Sammlungen entſtanden auf dieſe Art.

Nachdem nun, was eine Stadt baut und ziert

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0268" n="258"/>
Fresko und in Wachs waren &#x017F;chon unab&#x017F;ehbare<lb/>
Wa&#x0364;nde bemalt, ja in die&#x017F;em Gebiete war ein<lb/>
Unerho&#x0364;rtes und Neues ge&#x017F;chehen, indem ein &#x017F;chlich¬<lb/>
ter Mei&#x017F;ter lange Hallen mit italieni&#x017F;chen und<lb/>
helleni&#x017F;chen Land&#x017F;chaften auf eine maßgebende und<lb/>
bleibende Wei&#x017F;e und zwar &#x017F;o bemalt hatte, daß die<lb/>
Griechen, deren pla&#x017F;ti&#x017F;chem Auge un&#x017F;ere heutige Land¬<lb/>
&#x017F;chafterei wahr&#x017F;cheinlich ungenießbar wa&#x0364;re, die&#x017F;e Bil¬<lb/>
der ver&#x017F;tanden und geno&#x017F;&#x017F;en und darin un&#x017F;erer Zeit<lb/>
einen Vortheil beneidet ha&#x0364;tten. Haushohe Glas¬<lb/>
fen&#x017F;ter wurden hier gebrannt und zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt in<lb/>
einem Farbenfeuer und mit &#x017F;olch bewußtem Ge¬<lb/>
&#x017F;chmacke, daß &#x017F;ie gegen die alten Re&#x017F;te, die wir<lb/>
be&#x017F;itzen, als eine neue That gelten konnten, und<lb/>
was die Gema&#x0364;lde&#x017F;ammlungen des Staates an<lb/>
&#x017F;eltenen und uner&#x017F;etzbaren Scha&#x0364;tzen auf verwit¬<lb/>
terter Leinwand bewahrten, wurde zur Erhaltung<lb/>
von bewa&#x0364;hrten Arbeitern mit an&#x017F;pruchlo&#x017F;em Fleiße<lb/>
auf Porzellanplatten und edle Gefa&#x0364;ße getreu u&#x0364;ber¬<lb/>
getragen mit einer Kun&#x017F;t, die man &#x017F;elb&#x017F;t vor<lb/>
zwanzig Jahren nicht geu&#x0364;bt hatte. Neue bedeut¬<lb/>
&#x017F;ame Sammlungen ent&#x017F;tanden auf die&#x017F;e Art.<lb/></p>
        <p>Nachdem nun, was eine Stadt baut und ziert<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0268] Fresko und in Wachs waren ſchon unabſehbare Waͤnde bemalt, ja in dieſem Gebiete war ein Unerhoͤrtes und Neues geſchehen, indem ein ſchlich¬ ter Meiſter lange Hallen mit italieniſchen und helleniſchen Landſchaften auf eine maßgebende und bleibende Weiſe und zwar ſo bemalt hatte, daß die Griechen, deren plaſtiſchem Auge unſere heutige Land¬ ſchafterei wahrſcheinlich ungenießbar waͤre, dieſe Bil¬ der verſtanden und genoſſen und darin unſerer Zeit einen Vortheil beneidet haͤtten. Haushohe Glas¬ fenſter wurden hier gebrannt und zuſammengeſetzt in einem Farbenfeuer und mit ſolch bewußtem Ge¬ ſchmacke, daß ſie gegen die alten Reſte, die wir beſitzen, als eine neue That gelten konnten, und was die Gemaͤldeſammlungen des Staates an ſeltenen und unerſetzbaren Schaͤtzen auf verwit¬ terter Leinwand bewahrten, wurde zur Erhaltung von bewaͤhrten Arbeitern mit anſpruchloſem Fleiße auf Porzellanplatten und edle Gefaͤße getreu uͤber¬ getragen mit einer Kunſt, die man ſelbſt vor zwanzig Jahren nicht geuͤbt hatte. Neue bedeut¬ ſame Sammlungen entſtanden auf dieſe Art. Nachdem nun, was eine Stadt baut und ziert

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/268
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/268>, abgerufen am 22.11.2024.