Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

In einer anderen Nische, welche mit dieser
durch eine offene Thür verbunden war, hatten
die Jäger ihren Sitz aufgeschlagen, und einige
lustige junge Mädchen zur Gesellschaft der Diana
herbeigelockt. Heinrich saß Agnes zur Seite und
beschützte sie insbesondere. Erikson, der wilde
Mann, ging ab und zu; er konnte seiner selt¬
samen Tracht wegen nicht wohl tanzen, noch sich
in zu große Nähe der Frauen setzen und be¬
schränkte sich daher, hier und dort einen Becher
zu trinken oder an den improvisirten Spielen
Theil zu nehmen. Fast bereute er, diese Rolle
gewählt zu haben, und sah ziemlich unbehaglich,
wie Ferdinand fort und fort Rosalien den Hof
machte; sie hatte sich mit weißen Atlasschuhen
versehen und tanzte zuweilen mit Ferdinand, der
in seinem Hubertusgewande sehr wohl aussah
und sich mit sicherem Anstande betrug. Er hatte
einige kostbare Brillanten, Zeichen seines hollän¬
dischen Reichthumes, in Ringen und Spangen
angelegt, und die reiche Rosalie benahm sich ge¬
gen ihn mit der heiteren Ungezwungenheit, welche
die gesicherten Reichen gegenseitig zu üben pflegen.

In einer anderen Niſche, welche mit dieſer
durch eine offene Thuͤr verbunden war, hatten
die Jaͤger ihren Sitz aufgeſchlagen, und einige
luſtige junge Maͤdchen zur Geſellſchaft der Diana
herbeigelockt. Heinrich ſaß Agnes zur Seite und
beſchuͤtzte ſie insbeſondere. Erikſon, der wilde
Mann, ging ab und zu; er konnte ſeiner ſelt¬
ſamen Tracht wegen nicht wohl tanzen, noch ſich
in zu große Naͤhe der Frauen ſetzen und be¬
ſchraͤnkte ſich daher, hier und dort einen Becher
zu trinken oder an den improviſirten Spielen
Theil zu nehmen. Faſt bereute er, dieſe Rolle
gewaͤhlt zu haben, und ſah ziemlich unbehaglich,
wie Ferdinand fort und fort Roſalien den Hof
machte; ſie hatte ſich mit weißen Atlasſchuhen
verſehen und tanzte zuweilen mit Ferdinand, der
in ſeinem Hubertusgewande ſehr wohl ausſah
und ſich mit ſicherem Anſtande betrug. Er hatte
einige koſtbare Brillanten, Zeichen ſeines hollaͤn¬
diſchen Reichthumes, in Ringen und Spangen
angelegt, und die reiche Roſalie benahm ſich ge¬
gen ihn mit der heiteren Ungezwungenheit, welche
die geſicherten Reichen gegenſeitig zu uͤben pflegen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0298" n="288"/>
        <p>In einer anderen Ni&#x017F;che, welche mit die&#x017F;er<lb/>
durch eine offene Thu&#x0364;r verbunden war, hatten<lb/>
die Ja&#x0364;ger ihren Sitz aufge&#x017F;chlagen, und einige<lb/>
lu&#x017F;tige junge Ma&#x0364;dchen zur Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Diana<lb/>
herbeigelockt. Heinrich &#x017F;aß Agnes zur Seite und<lb/>
be&#x017F;chu&#x0364;tzte &#x017F;ie insbe&#x017F;ondere. Erik&#x017F;on, der wilde<lb/>
Mann, ging ab und zu; er konnte &#x017F;einer &#x017F;elt¬<lb/>
&#x017F;amen Tracht wegen nicht wohl tanzen, noch &#x017F;ich<lb/>
in zu große Na&#x0364;he der Frauen &#x017F;etzen und be¬<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nkte &#x017F;ich daher, hier und dort einen Becher<lb/>
zu trinken oder an den improvi&#x017F;irten Spielen<lb/>
Theil zu nehmen. Fa&#x017F;t bereute er, die&#x017F;e Rolle<lb/>
gewa&#x0364;hlt zu haben, und &#x017F;ah ziemlich unbehaglich,<lb/>
wie Ferdinand fort und fort Ro&#x017F;alien den Hof<lb/>
machte; &#x017F;ie hatte &#x017F;ich mit weißen Atlas&#x017F;chuhen<lb/>
ver&#x017F;ehen und tanzte zuweilen mit Ferdinand, der<lb/>
in &#x017F;einem Hubertusgewande &#x017F;ehr wohl aus&#x017F;ah<lb/>
und &#x017F;ich mit &#x017F;icherem An&#x017F;tande betrug. Er hatte<lb/>
einige ko&#x017F;tbare Brillanten, Zeichen &#x017F;eines holla&#x0364;<lb/>
di&#x017F;chen Reichthumes, in Ringen und Spangen<lb/>
angelegt, und die reiche Ro&#x017F;alie benahm &#x017F;ich ge¬<lb/>
gen ihn mit der heiteren Ungezwungenheit, welche<lb/>
die ge&#x017F;icherten Reichen gegen&#x017F;eitig zu u&#x0364;ben pflegen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0298] In einer anderen Niſche, welche mit dieſer durch eine offene Thuͤr verbunden war, hatten die Jaͤger ihren Sitz aufgeſchlagen, und einige luſtige junge Maͤdchen zur Geſellſchaft der Diana herbeigelockt. Heinrich ſaß Agnes zur Seite und beſchuͤtzte ſie insbeſondere. Erikſon, der wilde Mann, ging ab und zu; er konnte ſeiner ſelt¬ ſamen Tracht wegen nicht wohl tanzen, noch ſich in zu große Naͤhe der Frauen ſetzen und be¬ ſchraͤnkte ſich daher, hier und dort einen Becher zu trinken oder an den improviſirten Spielen Theil zu nehmen. Faſt bereute er, dieſe Rolle gewaͤhlt zu haben, und ſah ziemlich unbehaglich, wie Ferdinand fort und fort Roſalien den Hof machte; ſie hatte ſich mit weißen Atlasſchuhen verſehen und tanzte zuweilen mit Ferdinand, der in ſeinem Hubertusgewande ſehr wohl ausſah und ſich mit ſicherem Anſtande betrug. Er hatte einige koſtbare Brillanten, Zeichen ſeines hollaͤn¬ diſchen Reichthumes, in Ringen und Spangen angelegt, und die reiche Roſalie benahm ſich ge¬ gen ihn mit der heiteren Ungezwungenheit, welche die geſicherten Reichen gegenſeitig zu uͤben pflegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/298
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/298>, abgerufen am 22.11.2024.