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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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gewandt, da es so gut schmeckte, und endlich wur¬
den zwei Brüder gewählt, welche sich ebenso
durch ihren Fleiß, als durch ihre Armuth aus¬
zeichneten, zwei liebenswürdige Bürschchen aus
Sachsen, welchen während ihres Aufenthaltes in
der Kunststadt Vater und Mutter gestorben und
jeder Unterhalt verloren war. Man begriff nicht,
wie sie leben konnten, so kümmerlich nährten sie
sich, und doch waren sie der Kunst so anhänglich
und treu und immer so guten Muthes, daß sie
bei aller Armuth und Sparsamkeit doch immer
einige blanke Gulden bereit hatten, jedes Künst¬
lerfest mit zu feiern und Jedermann durch ihre
bescheidene Fröhlichkeit zu erfreuen.

Die zwei Kirchenmäuse wußten nicht, wie
ihnen geschah und küßten in ihrer Verwirrung
der reizenden Urheberin dankbar die Hand. Ro¬
salie konnte sich nicht enthalten, den schüchternen
jungen Bürschchen die Wangen zu streicheln und
hätte sie gern geküßt, wenn es sich hätte thun
lassen.

Sie wurden im Triumph herumgeführt, woraus

gewandt, da es ſo gut ſchmeckte, und endlich wur¬
den zwei Bruͤder gewaͤhlt, welche ſich ebenſo
durch ihren Fleiß, als durch ihre Armuth aus¬
zeichneten, zwei liebenswuͤrdige Buͤrſchchen aus
Sachſen, welchen waͤhrend ihres Aufenthaltes in
der Kunſtſtadt Vater und Mutter geſtorben und
jeder Unterhalt verloren war. Man begriff nicht,
wie ſie leben konnten, ſo kuͤmmerlich naͤhrten ſie
ſich, und doch waren ſie der Kunſt ſo anhaͤnglich
und treu und immer ſo guten Muthes, daß ſie
bei aller Armuth und Sparſamkeit doch immer
einige blanke Gulden bereit hatten, jedes Kuͤnſt¬
lerfeſt mit zu feiern und Jedermann durch ihre
beſcheidene Froͤhlichkeit zu erfreuen.

Die zwei Kirchenmaͤuſe wußten nicht, wie
ihnen geſchah und kuͤßten in ihrer Verwirrung
der reizenden Urheberin dankbar die Hand. Ro¬
ſalie konnte ſich nicht enthalten, den ſchuͤchternen
jungen Buͤrſchchen die Wangen zu ſtreicheln und
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[326/0336] gewandt, da es ſo gut ſchmeckte, und endlich wur¬ den zwei Bruͤder gewaͤhlt, welche ſich ebenſo durch ihren Fleiß, als durch ihre Armuth aus¬ zeichneten, zwei liebenswuͤrdige Buͤrſchchen aus Sachſen, welchen waͤhrend ihres Aufenthaltes in der Kunſtſtadt Vater und Mutter geſtorben und jeder Unterhalt verloren war. Man begriff nicht, wie ſie leben konnten, ſo kuͤmmerlich naͤhrten ſie ſich, und doch waren ſie der Kunſt ſo anhaͤnglich und treu und immer ſo guten Muthes, daß ſie bei aller Armuth und Sparſamkeit doch immer einige blanke Gulden bereit hatten, jedes Kuͤnſt¬ lerfeſt mit zu feiern und Jedermann durch ihre beſcheidene Froͤhlichkeit zu erfreuen. Die zwei Kirchenmaͤuſe wußten nicht, wie ihnen geſchah und kuͤßten in ihrer Verwirrung der reizenden Urheberin dankbar die Hand. Ro¬ ſalie konnte ſich nicht enthalten, den ſchuͤchternen jungen Buͤrſchchen die Wangen zu ſtreicheln und haͤtte ſie gern gekuͤßt, wenn es ſich haͤtte thun laſſen. Sie wurden im Triumph herumgefuͤhrt, woraus

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/336>, abgerufen am 21.11.2024.