ringen, ist der einzig radicale Weg: sich in allen Ränken den Jesuiten gerade entgegengesetzt zu verhalten, in der That und in der Wahrheit. Was dies heißen will, darüber soll Jeder im vor¬ kommenden Fall nachdenken. Die Werkzeuge sind obige unnütze und eitle Köpfe, blasirte und ver¬ dorbene Fähigkeiten aller Art, deren verkünsteltem und autoritätssüchtigem Wesen es besser zusagt, sich in eine marktschreierische und methodische Au¬ toritätscompagnie zu retten, wenn auch als "Leich¬ nam", als sich der offenen, einfachen und naiven Weltbewegung, die sie in ihrer Verschrobenheit für trivial halten, anzuschließen. Es ist eine Krankheit, welche man die Talentfäulniß nennen könnte und welche vorzüglich in Uebergangszeiten entsteht und wuchert. Den damit Behafteten ist es nicht gegeben und nicht möglich, ihre Anlagen reifen zu lassen und mit anderen ehrlichen Leuten an derselben unmittelbaren Sonne des Lebens zu gehen und zu wirken; sie wollen das Allgemeine überholen und überlisten, und indem sie einen Vorsprung zu gewinnen trachten, geben sie sich dem Gemachten und Künstlichen, dem Complicir¬
ringen, iſt der einzig radicale Weg: ſich in allen Raͤnken den Jeſuiten gerade entgegengeſetzt zu verhalten, in der That und in der Wahrheit. Was dies heißen will, daruͤber ſoll Jeder im vor¬ kommenden Fall nachdenken. Die Werkzeuge ſind obige unnuͤtze und eitle Koͤpfe, blaſirte und ver¬ dorbene Faͤhigkeiten aller Art, deren verkuͤnſteltem und autoritaͤtsſuͤchtigem Weſen es beſſer zuſagt, ſich in eine marktſchreieriſche und methodiſche Au¬ toritaͤtscompagnie zu retten, wenn auch als »Leich¬ nam«, als ſich der offenen, einfachen und naiven Weltbewegung, die ſie in ihrer Verſchrobenheit fuͤr trivial halten, anzuſchließen. Es iſt eine Krankheit, welche man die Talentfaͤulniß nennen koͤnnte und welche vorzuͤglich in Uebergangszeiten entſteht und wuchert. Den damit Behafteten iſt es nicht gegeben und nicht moͤglich, ihre Anlagen reifen zu laſſen und mit anderen ehrlichen Leuten an derſelben unmittelbaren Sonne des Lebens zu gehen und zu wirken; ſie wollen das Allgemeine uͤberholen und uͤberliſten, und indem ſie einen Vorſprung zu gewinnen trachten, geben ſie ſich dem Gemachten und Kuͤnſtlichen, dem Complicir¬
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ringen, iſt der einzig radicale Weg: ſich in allen
Raͤnken den Jeſuiten gerade entgegengeſetzt
zu verhalten, in der That und in der Wahrheit.
Was dies heißen will, daruͤber ſoll Jeder im vor¬
kommenden Fall nachdenken. Die Werkzeuge ſind
obige unnuͤtze und eitle Koͤpfe, blaſirte und ver¬
dorbene Faͤhigkeiten aller Art, deren verkuͤnſteltem
und autoritaͤtsſuͤchtigem Weſen es beſſer zuſagt,
ſich in eine marktſchreieriſche und methodiſche Au¬
toritaͤtscompagnie zu retten, wenn auch als »Leich¬
nam«, als ſich der offenen, einfachen und naiven
Weltbewegung, die ſie in ihrer Verſchrobenheit
fuͤr trivial halten, anzuſchließen. Es iſt eine
Krankheit, welche man die Talentfaͤulniß nennen
koͤnnte und welche vorzuͤglich in Uebergangszeiten
entſteht und wuchert. Den damit Behafteten iſt
es nicht gegeben und nicht moͤglich, ihre Anlagen
reifen zu laſſen und mit anderen ehrlichen Leuten
an derſelben unmittelbaren Sonne des Lebens zu
gehen und zu wirken; ſie wollen das Allgemeine
uͤberholen und uͤberliſten, und indem ſie einen
Vorſprung zu gewinnen trachten, geben ſie ſich
dem Gemachten und Kuͤnſtlichen, dem Complicir¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/106>, abgerufen am 27.11.2024.
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