davon, so daß schon die nothwendige Angewöh¬ nung und Gewandtheit des Erwerbes unwill¬ kürlich nach einem verwerflichen Ziele führt.
Welch' eine Menge von kleinen persönlichen und gesellschaftlichen Verumständungen gehört da¬ zu, wenn es dem jungen Künstler gelingen soll, sein Erstlingswerk an den Mann zu bringen, und von diesem einzigen Erfolge hängt meistens das weitere glückliche Fortschreiten der nächsten fünf, ja zehn Jahr ab, die Entscheidung, ob die lange Jugend bis tief in die Männerjahre hinein eine blühende und glückliche Zeit, oder eine dürre und finstere sein, freilich auch oft, ob der Mann auf der leichtfertigen und oberflächlichen, oder auf der tieferen und nachhaltigen Seite des Lebens stehen soll. Gleich dem armen Weibe, dessen Leben im Niedergange ist und welches aus zarter Baum¬ wolle und etwas Goldschaum ein Schäfchen wickelt, dasselbe auf den Weihnachtsmarkt trägt und dort mit seinen vier steifen Beinchen auf einen trocke¬ nen Stein setzt, gewärtigend, ob einer von den tausend Vorübergehenden seinen Blick auf das Schäfchen lenke und dasselbe kaufe, stellt in der
davon, ſo daß ſchon die nothwendige Angewoͤh¬ nung und Gewandtheit des Erwerbes unwill¬ kuͤrlich nach einem verwerflichen Ziele fuͤhrt.
Welch' eine Menge von kleinen perſoͤnlichen und geſellſchaftlichen Verumſtaͤndungen gehoͤrt da¬ zu, wenn es dem jungen Kuͤnſtler gelingen ſoll, ſein Erſtlingswerk an den Mann zu bringen, und von dieſem einzigen Erfolge haͤngt meiſtens das weitere gluͤckliche Fortſchreiten der naͤchſten fuͤnf, ja zehn Jahr ab, die Entſcheidung, ob die lange Jugend bis tief in die Maͤnnerjahre hinein eine bluͤhende und gluͤckliche Zeit, oder eine duͤrre und finſtere ſein, freilich auch oft, ob der Mann auf der leichtfertigen und oberflaͤchlichen, oder auf der tieferen und nachhaltigen Seite des Lebens ſtehen ſoll. Gleich dem armen Weibe, deſſen Leben im Niedergange iſt und welches aus zarter Baum¬ wolle und etwas Goldſchaum ein Schaͤfchen wickelt, daſſelbe auf den Weihnachtsmarkt traͤgt und dort mit ſeinen vier ſteifen Beinchen auf einen trocke¬ nen Stein ſetzt, gewaͤrtigend, ob einer von den tauſend Voruͤbergehenden ſeinen Blick auf das Schaͤfchen lenke und daſſelbe kaufe, ſtellt in der
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davon, ſo daß ſchon die nothwendige Angewoͤh¬
nung und Gewandtheit des Erwerbes unwill¬
kuͤrlich nach einem verwerflichen Ziele fuͤhrt.
Welch' eine Menge von kleinen perſoͤnlichen
und geſellſchaftlichen Verumſtaͤndungen gehoͤrt da¬
zu, wenn es dem jungen Kuͤnſtler gelingen ſoll,
ſein Erſtlingswerk an den Mann zu bringen, und
von dieſem einzigen Erfolge haͤngt meiſtens das
weitere gluͤckliche Fortſchreiten der naͤchſten fuͤnf,
ja zehn Jahr ab, die Entſcheidung, ob die lange
Jugend bis tief in die Maͤnnerjahre hinein eine
bluͤhende und gluͤckliche Zeit, oder eine duͤrre und
finſtere ſein, freilich auch oft, ob der Mann auf
der leichtfertigen und oberflaͤchlichen, oder auf der
tieferen und nachhaltigen Seite des Lebens ſtehen
ſoll. Gleich dem armen Weibe, deſſen Leben im
Niedergange iſt und welches aus zarter Baum¬
wolle und etwas Goldſchaum ein Schaͤfchen wickelt,
daſſelbe auf den Weihnachtsmarkt traͤgt und dort
mit ſeinen vier ſteifen Beinchen auf einen trocke¬
nen Stein ſetzt, gewaͤrtigend, ob einer von den
tauſend Voruͤbergehenden ſeinen Blick auf das
Schaͤfchen lenke und daſſelbe kaufe, ſtellt in der
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/134>, abgerufen am 04.12.2024.
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