Industrie vollständig mißlungen, und um sein Gewissen vollständig zu beschwichtigen, zog er sei¬ nen Geldbeutel, der die zehn Gulden enthielt, und anerbot dem Alten, ihm wieder zu ersetzen, was er ihm für die liederlichen Arbeiten gegeben. Denn er hatte jetzt vollständig das Schmähliche einer hohlen herzlosen Thätigkeit empfinden gelernt, die, ohne nur eine ordentliche ehrliche Handarbeit zu sein, sich den Schein eines edleren Berufes giebt.
Der Alte hörte aufmerksam zu, nahm eine Prise über die andere, lächelte dann schlau und vergnügt, indem er das angebotene Geld sogleich einstrich, und streichelte dem Jungen die Backen, welcher Liebkosung sich dieser sachte entzog. Er hatte den Ersatz unwillkürlich angeboten und war jetzt doch etwas betroffen, denselben angenommen zu sehen, da seine kleine Baarschaft dadurch stark abnahm, ohne nun weiter zu wissen, was er thun sollte.
Der Alte aber nahm ihn bei der Hand und sagte: "Nur munter, Freundchen! wir wollen sogleich eine Arbeit beginnen, die sich sehen lassen kann und wird! Jetzt sind wir gerade auf dem rechten
Induſtrie vollſtaͤndig mißlungen, und um ſein Gewiſſen vollſtaͤndig zu beſchwichtigen, zog er ſei¬ nen Geldbeutel, der die zehn Gulden enthielt, und anerbot dem Alten, ihm wieder zu erſetzen, was er ihm fuͤr die liederlichen Arbeiten gegeben. Denn er hatte jetzt vollſtaͤndig das Schmaͤhliche einer hohlen herzloſen Thaͤtigkeit empfinden gelernt, die, ohne nur eine ordentliche ehrliche Handarbeit zu ſein, ſich den Schein eines edleren Berufes giebt.
Der Alte hoͤrte aufmerkſam zu, nahm eine Priſe uͤber die andere, laͤchelte dann ſchlau und vergnuͤgt, indem er das angebotene Geld ſogleich einſtrich, und ſtreichelte dem Jungen die Backen, welcher Liebkoſung ſich dieſer ſachte entzog. Er hatte den Erſatz unwillkuͤrlich angeboten und war jetzt doch etwas betroffen, denſelben angenommen zu ſehen, da ſeine kleine Baarſchaft dadurch ſtark abnahm, ohne nun weiter zu wiſſen, was er thun ſollte.
Der Alte aber nahm ihn bei der Hand und ſagte: »Nur munter, Freundchen! wir wollen ſogleich eine Arbeit beginnen, die ſich ſehen laſſen kann und wird! Jetzt ſind wir gerade auf dem rechten
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0196"n="186"/>
Induſtrie vollſtaͤndig mißlungen, und um ſein<lb/>
Gewiſſen vollſtaͤndig zu beſchwichtigen, zog er ſei¬<lb/>
nen Geldbeutel, der die zehn Gulden enthielt, und<lb/>
anerbot dem Alten, ihm wieder zu erſetzen, was<lb/>
er ihm fuͤr die liederlichen Arbeiten gegeben. Denn<lb/>
er hatte jetzt vollſtaͤndig das Schmaͤhliche einer<lb/>
hohlen herzloſen Thaͤtigkeit empfinden gelernt, die,<lb/>
ohne nur eine ordentliche ehrliche Handarbeit zu<lb/>ſein, ſich den Schein eines edleren Berufes giebt.</p><lb/><p>Der Alte hoͤrte aufmerkſam zu, nahm eine<lb/>
Priſe uͤber die andere, laͤchelte dann ſchlau und<lb/>
vergnuͤgt, indem er das angebotene Geld ſogleich<lb/>
einſtrich, und ſtreichelte dem Jungen die Backen,<lb/>
welcher Liebkoſung ſich dieſer ſachte entzog. Er<lb/>
hatte den Erſatz unwillkuͤrlich angeboten und war<lb/>
jetzt doch etwas betroffen, denſelben angenommen<lb/>
zu ſehen, da ſeine kleine Baarſchaft dadurch ſtark<lb/>
abnahm, ohne nun weiter zu wiſſen, was er thun<lb/>ſollte.</p><lb/><p>Der Alte aber nahm ihn bei der Hand und ſagte:<lb/>
»Nur munter, Freundchen! wir wollen ſogleich eine<lb/>
Arbeit beginnen, die ſich ſehen laſſen kann und<lb/>
wird! Jetzt ſind wir gerade auf dem rechten<lb/></p></div></body></text></TEI>
[186/0196]
Induſtrie vollſtaͤndig mißlungen, und um ſein
Gewiſſen vollſtaͤndig zu beſchwichtigen, zog er ſei¬
nen Geldbeutel, der die zehn Gulden enthielt, und
anerbot dem Alten, ihm wieder zu erſetzen, was
er ihm fuͤr die liederlichen Arbeiten gegeben. Denn
er hatte jetzt vollſtaͤndig das Schmaͤhliche einer
hohlen herzloſen Thaͤtigkeit empfinden gelernt, die,
ohne nur eine ordentliche ehrliche Handarbeit zu
ſein, ſich den Schein eines edleren Berufes giebt.
Der Alte hoͤrte aufmerkſam zu, nahm eine
Priſe uͤber die andere, laͤchelte dann ſchlau und
vergnuͤgt, indem er das angebotene Geld ſogleich
einſtrich, und ſtreichelte dem Jungen die Backen,
welcher Liebkoſung ſich dieſer ſachte entzog. Er
hatte den Erſatz unwillkuͤrlich angeboten und war
jetzt doch etwas betroffen, denſelben angenommen
zu ſehen, da ſeine kleine Baarſchaft dadurch ſtark
abnahm, ohne nun weiter zu wiſſen, was er thun
ſollte.
Der Alte aber nahm ihn bei der Hand und ſagte:
»Nur munter, Freundchen! wir wollen ſogleich eine
Arbeit beginnen, die ſich ſehen laſſen kann und
wird! Jetzt ſind wir gerade auf dem rechten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/196>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.