hin und sah, wie der Bauer in die Rosen hinein¬ pflügte und mit seinem ganzen Gespann darunter versank. Die Rosen nahmen ein Ende, und während sie sich zu dichten Schaaren verzogen und in die Ferne hinschwammen, eine hohe Röthe am runden Horizonte ausbreitend, der Fluß aber jetzt rein und wie ein unermeßliches Band fließen¬ den blauen Stahles erschien, fuhr der Bauer auf seinem Pfluge, der sich in ein Schiff verwandelt hatte, dessen Steuer sich aus der goldenen Pflug¬ schar formirte, singend dahin und sang: "Das Alpenglühen rückt aus und geht ums Vaterland herum!" Dann bohrte er eifrig ein Loch in den Schiffboden; dann steckte er das eherne Mundstück einer Trompete an das Loch, sog einen Augenblick kräftig daran, worauf es mächtig er¬ klang, gleich einem Harsthorn, und einen glänzen¬ den Wasserstrahl ausstieß, der den herrlichsten Springbrunnen in dem fahrenden Schifflein bil¬ dete. Der Bauer nahm den Brunnenstrahl, setzte sich auf den Rand des Schiffes und schmie¬ dete auf seinen Knieen und mit der rechten Faust ein mächtiges Schwert daraus, daß die Funken
hin und ſah, wie der Bauer in die Roſen hinein¬ pfluͤgte und mit ſeinem ganzen Geſpann darunter verſank. Die Roſen nahmen ein Ende, und waͤhrend ſie ſich zu dichten Schaaren verzogen und in die Ferne hinſchwammen, eine hohe Roͤthe am runden Horizonte ausbreitend, der Fluß aber jetzt rein und wie ein unermeßliches Band fließen¬ den blauen Stahles erſchien, fuhr der Bauer auf ſeinem Pfluge, der ſich in ein Schiff verwandelt hatte, deſſen Steuer ſich aus der goldenen Pflug¬ ſchar formirte, ſingend dahin und ſang: »Das Alpengluͤhen ruͤckt aus und geht ums Vaterland herum!« Dann bohrte er eifrig ein Loch in den Schiffboden; dann ſteckte er das eherne Mundſtuͤck einer Trompete an das Loch, ſog einen Augenblick kraͤftig daran, worauf es maͤchtig er¬ klang, gleich einem Harſthorn, und einen glaͤnzen¬ den Waſſerſtrahl ausſtieß, der den herrlichſten Springbrunnen in dem fahrenden Schifflein bil¬ dete. Der Bauer nahm den Brunnenſtrahl, ſetzte ſich auf den Rand des Schiffes und ſchmie¬ dete auf ſeinen Knieen und mit der rechten Fauſt ein maͤchtiges Schwert daraus, daß die Funken
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hin und ſah, wie der Bauer in die Roſen hinein¬
pfluͤgte und mit ſeinem ganzen Geſpann darunter
verſank. Die Roſen nahmen ein Ende, und
waͤhrend ſie ſich zu dichten Schaaren verzogen
und in die Ferne hinſchwammen, eine hohe Roͤthe
am runden Horizonte ausbreitend, der Fluß aber
jetzt rein und wie ein unermeßliches Band fließen¬
den blauen Stahles erſchien, fuhr der Bauer auf
ſeinem Pfluge, der ſich in ein Schiff verwandelt
hatte, deſſen Steuer ſich aus der goldenen Pflug¬
ſchar formirte, ſingend dahin und ſang: »Das
Alpengluͤhen ruͤckt aus und geht ums Vaterland
herum!« Dann bohrte er eifrig ein Loch in
den Schiffboden; dann ſteckte er das eherne
Mundſtuͤck einer Trompete an das Loch, ſog einen
Augenblick kraͤftig daran, worauf es maͤchtig er¬
klang, gleich einem Harſthorn, und einen glaͤnzen¬
den Waſſerſtrahl ausſtieß, der den herrlichſten
Springbrunnen in dem fahrenden Schifflein bil¬
dete. Der Bauer nahm den Brunnenſtrahl,
ſetzte ſich auf den Rand des Schiffes und ſchmie¬
dete auf ſeinen Knieen und mit der rechten Fauſt
ein maͤchtiges Schwert daraus, daß die Funken
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/233>, abgerufen am 24.11.2024.
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