es auch trug, immer fiel ihm ein Stück auf die Erde; zuletzt gelang es mit saurer Mühe, das Zeug in den Bach zu werfen, wo es aber durch¬ aus nicht thalab schwimmen wollte, sondern sich immer an selber Stelle herumdrehte ganz gemäch¬ lich. Er ergriff eine verwitterte Bohnenstange, die ihm in den Händen zerbrach, und quälte sich ab, die schlechten Lumpen in die Strömung hinein¬ zustoßen; aber die morsche Stange brach und brach immer wieder und zersplitterte bis auf das letzte Stümpfchen. Da berührte ein süßer duf¬ tiger Hauch seine Wangen, den er so recht durch allen Traum hindurch empfand, und Anna stand vor ihm und führte ihn freundlich in das grüne Haus hinein. Er stieg Hand in Hand mit ihr die Treppe hinauf und trat in die Stube, wo der Oheim, die Tante, die Basen und die Vettern sämmtlich versammelt waren und ihn herzlich be¬ grüßten. Er sah sich aufathmend um; die alte Wohnung war ganz neu und sonntäglich aufge¬ putzt, manches neue, ihm noch unbekannte Möbel, wie es im Laufe der Jahre wohl in ein Haus kommt, stand da, und es war so sonnenhell in
es auch trug, immer fiel ihm ein Stuͤck auf die Erde; zuletzt gelang es mit ſaurer Muͤhe, das Zeug in den Bach zu werfen, wo es aber durch¬ aus nicht thalab ſchwimmen wollte, ſondern ſich immer an ſelber Stelle herumdrehte ganz gemaͤch¬ lich. Er ergriff eine verwitterte Bohnenſtange, die ihm in den Haͤnden zerbrach, und quaͤlte ſich ab, die ſchlechten Lumpen in die Stroͤmung hinein¬ zuſtoßen; aber die morſche Stange brach und brach immer wieder und zerſplitterte bis auf das letzte Stuͤmpfchen. Da beruͤhrte ein ſuͤßer duf¬ tiger Hauch ſeine Wangen, den er ſo recht durch allen Traum hindurch empfand, und Anna ſtand vor ihm und fuͤhrte ihn freundlich in das gruͤne Haus hinein. Er ſtieg Hand in Hand mit ihr die Treppe hinauf und trat in die Stube, wo der Oheim, die Tante, die Baſen und die Vettern ſaͤmmtlich verſammelt waren und ihn herzlich be¬ gruͤßten. Er ſah ſich aufathmend um; die alte Wohnung war ganz neu und ſonntaͤglich aufge¬ putzt, manches neue, ihm noch unbekannte Moͤbel, wie es im Laufe der Jahre wohl in ein Haus kommt, ſtand da, und es war ſo ſonnenhell in
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es auch trug, immer fiel ihm ein Stuͤck auf die
Erde; zuletzt gelang es mit ſaurer Muͤhe, das
Zeug in den Bach zu werfen, wo es aber durch¬
aus nicht thalab ſchwimmen wollte, ſondern ſich
immer an ſelber Stelle herumdrehte ganz gemaͤch¬
lich. Er ergriff eine verwitterte Bohnenſtange,
die ihm in den Haͤnden zerbrach, und quaͤlte ſich
ab, die ſchlechten Lumpen in die Stroͤmung hinein¬
zuſtoßen; aber die morſche Stange brach und
brach immer wieder und zerſplitterte bis auf das
letzte Stuͤmpfchen. Da beruͤhrte ein ſuͤßer duf¬
tiger Hauch ſeine Wangen, den er ſo recht durch
allen Traum hindurch empfand, und Anna ſtand
vor ihm und fuͤhrte ihn freundlich in das gruͤne
Haus hinein. Er ſtieg Hand in Hand mit ihr
die Treppe hinauf und trat in die Stube, wo der
Oheim, die Tante, die Baſen und die Vettern
ſaͤmmtlich verſammelt waren und ihn herzlich be¬
gruͤßten. Er ſah ſich aufathmend um; die alte
Wohnung war ganz neu und ſonntaͤglich aufge¬
putzt, manches neue, ihm noch unbekannte Moͤbel,
wie es im Laufe der Jahre wohl in ein Haus
kommt, ſtand da, und es war ſo ſonnenhell in
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/238>, abgerufen am 21.11.2024.
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