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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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ten. Es schienen zwei Frauenzimmer zu sein, und
bald unterschied er Dortchens und Apollönchens
Stimme, die mit einander leise sprachen. Sie
schienen diesmal nicht zu lachen, sondern angele¬
gentlich etwas zu berathen. Doch bald war ihnen
der Ernst zu lang und sie kamen in die Sakristei
hereingehuscht, indem Dortchen rief: "Komm', wir
wollen den verliebten Ritter besehen!" Sie stell¬
ten sich dicht vor das Grabmal und gafften dem
starren Rittersmann neugierig in das dunkle ehr¬
liche Gesicht. "O Gott! ich fürchte mich!" flü¬
sterte Apollönchen, "wir wollen hinausgehen!" - -
"Warum denn, Närrchen?" sagte Dortchen laut,
"der thut Niemand was zu Leid! Sieh, wie es
ein guter Kerl ist!" Sie nahm das erzene Gefäß
in die Hand und wog es bedächtig; aber plötzlich
schüttelte sie es, so stark sie konnte, auf und nie¬
der, daß das arme todte Herz darin zu hören
war und die Kette dazu erklang. Sie athmete
heftig, war roth wie eine Rose im Gesicht und
ihr schöner Mund lachte und zeigte die weißen
Zähne "Sieh die Klappernuß! Höre die Klap¬
pernuß!" rief sie, "da! klappre auch einmal!"

ten. Es ſchienen zwei Frauenzimmer zu ſein, und
bald unterſchied er Dortchens und Apolloͤnchens
Stimme, die mit einander leiſe ſprachen. Sie
ſchienen diesmal nicht zu lachen, ſondern angele¬
gentlich etwas zu berathen. Doch bald war ihnen
der Ernſt zu lang und ſie kamen in die Sakriſtei
hereingehuſcht, indem Dortchen rief: »Komm', wir
wollen den verliebten Ritter beſehen!« Sie ſtell¬
ten ſich dicht vor das Grabmal und gafften dem
ſtarren Rittersmann neugierig in das dunkle ehr¬
liche Geſicht. »O Gott! ich fuͤrchte mich!« fluͤ¬
ſterte Apolloͤnchen, »wir wollen hinausgehen!« – –
»Warum denn, Naͤrrchen?« ſagte Dortchen laut,
»der thut Niemand was zu Leid! Sieh, wie es
ein guter Kerl iſt!« Sie nahm das erzene Gefaͤß
in die Hand und wog es bedaͤchtig; aber ploͤtzlich
ſchuͤttelte ſie es, ſo ſtark ſie konnte, auf und nie¬
der, daß das arme todte Herz darin zu hoͤren
war und die Kette dazu erklang. Sie athmete
heftig, war roth wie eine Roſe im Geſicht und
ihr ſchoͤner Mund lachte und zeigte die weißen
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[430/0440] ten. Es ſchienen zwei Frauenzimmer zu ſein, und bald unterſchied er Dortchens und Apolloͤnchens Stimme, die mit einander leiſe ſprachen. Sie ſchienen diesmal nicht zu lachen, ſondern angele¬ gentlich etwas zu berathen. Doch bald war ihnen der Ernſt zu lang und ſie kamen in die Sakriſtei hereingehuſcht, indem Dortchen rief: »Komm', wir wollen den verliebten Ritter beſehen!« Sie ſtell¬ ten ſich dicht vor das Grabmal und gafften dem ſtarren Rittersmann neugierig in das dunkle ehr¬ liche Geſicht. »O Gott! ich fuͤrchte mich!« fluͤ¬ ſterte Apolloͤnchen, »wir wollen hinausgehen!« – – »Warum denn, Naͤrrchen?« ſagte Dortchen laut, »der thut Niemand was zu Leid! Sieh, wie es ein guter Kerl iſt!« Sie nahm das erzene Gefaͤß in die Hand und wog es bedaͤchtig; aber ploͤtzlich ſchuͤttelte ſie es, ſo ſtark ſie konnte, auf und nie¬ der, daß das arme todte Herz darin zu hoͤren war und die Kette dazu erklang. Sie athmete heftig, war roth wie eine Roſe im Geſicht und ihr ſchoͤner Mund lachte und zeigte die weißen Zaͤhne »Sieh die Klappernuß! Hoͤre die Klap¬ pernuß!« rief ſie, »da! klappre auch einmal!«

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/440>, abgerufen am 27.11.2024.