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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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rigen Glanz und Gehalt erreichte, da es gegen¬
über der alten kraftlosen Tagsatzung das politi¬
sche Rendez-vous des Volkslebens war in einer
gährenden Umwandlungszeit.

So stieß Heinrich gleich beim Eintritt in's
Land mitten auf seine rauschende und grollende
Bewegung, und ohne auszuruhen ging er mit
den hunderttausend Zuschauern auf das Schlacht¬
feld hinaus und wieder zurück in die reiche Stadt,
welche mit ihren zahlreichen silbernen und golde¬
nen Ehrengefäßen den Wirth machte. Doch mit
dem Mittage räumte die geschichtliche Feier der
Vergangenheit der treibenden Gegenwart den
Platz ein, und unter der großen Speisehütte des
Schießplatzes aßen schon an diesem ersten Mittag
fünftausend waffenkundige Männer zusammen,
indessen am andern Ende des Platzes auf eine
unabsehbare Scheibenreihe ein Rottenfeuer eröff¬
net wurde, welches acht Tage lang anhielt, ohne
einen Augenblick aufzuhören. Dies war kein
blindes Knattern wie von einem Regiment Sol¬
daten, sondern zu jedem Schusse gehörte ein
wohlzielender Mann mit hellen Augen, der in

rigen Glanz und Gehalt erreichte, da es gegen¬
uͤber der alten kraftloſen Tagſatzung das politi¬
ſche Rendez-vous des Volkslebens war in einer
gaͤhrenden Umwandlungszeit.

So ſtieß Heinrich gleich beim Eintritt in's
Land mitten auf ſeine rauſchende und grollende
Bewegung, und ohne auszuruhen ging er mit
den hunderttauſend Zuſchauern auf das Schlacht¬
feld hinaus und wieder zuruͤck in die reiche Stadt,
welche mit ihren zahlreichen ſilbernen und golde¬
nen Ehrengefaͤßen den Wirth machte. Doch mit
dem Mittage raͤumte die geſchichtliche Feier der
Vergangenheit der treibenden Gegenwart den
Platz ein, und unter der großen Speiſehuͤtte des
Schießplatzes aßen ſchon an dieſem erſten Mittag
fuͤnftauſend waffenkundige Maͤnner zuſammen,
indeſſen am andern Ende des Platzes auf eine
unabſehbare Scheibenreihe ein Rottenfeuer eroͤff¬
net wurde, welches acht Tage lang anhielt, ohne
einen Augenblick aufzuhoͤren. Dies war kein
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[453/0463] rigen Glanz und Gehalt erreichte, da es gegen¬ uͤber der alten kraftloſen Tagſatzung das politi¬ ſche Rendez-vous des Volkslebens war in einer gaͤhrenden Umwandlungszeit. So ſtieß Heinrich gleich beim Eintritt in's Land mitten auf ſeine rauſchende und grollende Bewegung, und ohne auszuruhen ging er mit den hunderttauſend Zuſchauern auf das Schlacht¬ feld hinaus und wieder zuruͤck in die reiche Stadt, welche mit ihren zahlreichen ſilbernen und golde¬ nen Ehrengefaͤßen den Wirth machte. Doch mit dem Mittage raͤumte die geſchichtliche Feier der Vergangenheit der treibenden Gegenwart den Platz ein, und unter der großen Speiſehuͤtte des Schießplatzes aßen ſchon an dieſem erſten Mittag fuͤnftauſend waffenkundige Maͤnner zuſammen, indeſſen am andern Ende des Platzes auf eine unabſehbare Scheibenreihe ein Rottenfeuer eroͤff¬ net wurde, welches acht Tage lang anhielt, ohne einen Augenblick aufzuhoͤren. Dies war kein blindes Knattern wie von einem Regiment Sol¬ daten, ſondern zu jedem Schuſſe gehoͤrte ein wohlzielender Mann mit hellen Augen, der in

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/463>, abgerufen am 30.11.2024.