Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.Recht im Unglück, herrlich Schau'n, Wie das Meer im Wettergrau'n! Göttlich grollt's am Klippenrand, Perlen wirft es auf den Sand! Einen Seemann grau von Jahren Sah ich auf den Wassern fahren, War wie ein Medusenschild Der versteinten Unruh' Bild. Und er sang: Viel tausendmal Schoß ich in das Wellenthal, Fuhr ich auf zur Wogenhöh', Ruht' ich auf der stillen See! Und die Woge war mein Knecht, Denn mein Kleinod war das Recht. Gestern noch mit ihn, ich schlief, Ach! nun liegt's da unten tief! In der dunklen Tiefe fern Schimmert ein gefall'ner Stern, Und schon dünkt mich's tausend Jahr, Daß das Recht einst meines war. Wenn die See nun wieder tobt, Niemand mehr den Meister lobt, Hab' ich Glück, verdien' ich's nicht, Glück wie Unglück mich zerbricht. Recht im Ungluͤck, herrlich Schau'n, Wie das Meer im Wettergrau'n! Goͤttlich grollt's am Klippenrand, Perlen wirft es auf den Sand! Einen Seemann grau von Jahren Sah ich auf den Waſſern fahren, War wie ein Meduſenſchild Der verſteinten Unruh' Bild. Und er ſang: Viel tauſendmal Schoß ich in das Wellenthal, Fuhr ich auf zur Wogenhoͤh', Ruht' ich auf der ſtillen See! Und die Woge war mein Knecht, Denn mein Kleinod war das Recht. Geſtern noch mit ihn, ich ſchlief, Ach! nun liegt's da unten tief! In der dunklen Tiefe fern Schimmert ein gefall'ner Stern, Und ſchon duͤnkt mich's tauſend Jahr, Daß das Recht einſt meines war. Wenn die See nun wieder tobt, Niemand mehr den Meiſter lobt, Hab' ich Gluͤck, verdien' ich's nicht, Gluͤck wie Ungluͤck mich zerbricht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0489" n="479"/> <lg n="2"> <l>Recht im Ungluͤck, herrlich Schau'n,</l><lb/> <l>Wie das Meer im Wettergrau'n!</l><lb/> <l>Goͤttlich grollt's am Klippenrand,</l><lb/> <l>Perlen wirft es auf den Sand!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Einen Seemann grau von Jahren</l><lb/> <l>Sah ich auf den Waſſern fahren,</l><lb/> <l>War wie ein Meduſenſchild</l><lb/> <l>Der verſteinten Unruh' Bild.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und er ſang: Viel tauſendmal</l><lb/> <l>Schoß ich in das Wellenthal,</l><lb/> <l>Fuhr ich auf zur Wogenhoͤh',</l><lb/> <l>Ruht' ich auf der ſtillen See!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und die Woge war mein Knecht,</l><lb/> <l>Denn mein Kleinod war das Recht.</l><lb/> <l>Geſtern noch mit ihn, ich ſchlief,</l><lb/> <l>Ach! nun liegt's da unten tief!</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>In der dunklen Tiefe fern</l><lb/> <l>Schimmert ein gefall'ner Stern,</l><lb/> <l>Und ſchon duͤnkt mich's tauſend Jahr,</l><lb/> <l>Daß das Recht einſt meines war.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Wenn die See nun wieder tobt,</l><lb/> <l>Niemand mehr den Meiſter lobt,</l><lb/> <l>Hab' ich Gluͤck, verdien' ich's nicht,</l><lb/> <l>Gluͤck wie Ungluͤck mich zerbricht.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [479/0489]
Recht im Ungluͤck, herrlich Schau'n,
Wie das Meer im Wettergrau'n!
Goͤttlich grollt's am Klippenrand,
Perlen wirft es auf den Sand!
Einen Seemann grau von Jahren
Sah ich auf den Waſſern fahren,
War wie ein Meduſenſchild
Der verſteinten Unruh' Bild.
Und er ſang: Viel tauſendmal
Schoß ich in das Wellenthal,
Fuhr ich auf zur Wogenhoͤh',
Ruht' ich auf der ſtillen See!
Und die Woge war mein Knecht,
Denn mein Kleinod war das Recht.
Geſtern noch mit ihn, ich ſchlief,
Ach! nun liegt's da unten tief!
In der dunklen Tiefe fern
Schimmert ein gefall'ner Stern,
Und ſchon duͤnkt mich's tauſend Jahr,
Daß das Recht einſt meines war.
Wenn die See nun wieder tobt,
Niemand mehr den Meiſter lobt,
Hab' ich Gluͤck, verdien' ich's nicht,
Gluͤck wie Ungluͤck mich zerbricht.
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