Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.Mönch! Will der Kleriker uns den Platz streitig Auch war er so beharrlich und zudringlich, daß Kehrte er beim Morgengrauen in seine Zelle zurück, Einst hörte er von einer besonders gefährlichen Mönch! Will der Kleriker uns den Platz ſtreitig Auch war er ſo beharrlich und zudringlich, daß Kehrte er beim Morgengrauen in ſeine Zelle zurück, Einſt hörte er von einer beſonders gefährlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="88"/> Mönch! Will der Kleriker uns den Platz ſtreitig<lb/> machen? Zieh' ab, Glatzkopf!“</p><lb/> <p>Auch war er ſo beharrlich und zudringlich, daß<lb/> er in den meiſten Fällen den Sieg davontrug und<lb/> unverſehens, in's Haus ſchlüpfte.</p><lb/> <p>Kehrte er beim Morgengrauen in ſeine Zelle zurück,<lb/> ſo warf er ſich nieder vor der Mutter Gottes, zu<lb/> deren Preis und Ehre er allein dieſe Abenteuer unter¬<lb/> nahm und den Tadel der Welt auf ſich lud, und<lb/> wenn es ihm gelungen war, ein verlorenes Lamm<lb/> zurückzuführen und in irgend einem heiligen Kloſter<lb/> unterzubringen, ſo dünkte er ſich ſeliger vor der<lb/> Himmelskönigin, als wenn er tauſend Heiden bekehrt<lb/> hätte. Denn dies war ſein ganz beſonderer Geſchmack,<lb/> daß er das Martyrium beſtand, vor der Welt als<lb/> ein Unreiner und Wüſtling dazuſtehen, während die<lb/> allerreinſte Frau im Himmel wohl wüßte, daß er<lb/> noch nie ein Weib berührt habe und ein Kränzlein<lb/> weißer Roſen unſichtbar auf ſeinem vielgeſchmähten<lb/> Haupte trage.</p><lb/> <p>Einſt hörte er von einer beſonders gefährlichen<lb/> Perſon, welche durch ihre Schönheit und Ungewöhn¬<lb/> lichkeit viel Unheil und ſelbſt Blutvergießen anrichte,<lb/> da ein vornehmer und grimmiger Kriegsmann ihre<lb/> Thüre belagere und Jeden niederſtrecke, der ſich mit<lb/> ihm in Streit einlaſſe. Sogleich nahm Vitalis ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0102]
Mönch! Will der Kleriker uns den Platz ſtreitig
machen? Zieh' ab, Glatzkopf!“
Auch war er ſo beharrlich und zudringlich, daß
er in den meiſten Fällen den Sieg davontrug und
unverſehens, in's Haus ſchlüpfte.
Kehrte er beim Morgengrauen in ſeine Zelle zurück,
ſo warf er ſich nieder vor der Mutter Gottes, zu
deren Preis und Ehre er allein dieſe Abenteuer unter¬
nahm und den Tadel der Welt auf ſich lud, und
wenn es ihm gelungen war, ein verlorenes Lamm
zurückzuführen und in irgend einem heiligen Kloſter
unterzubringen, ſo dünkte er ſich ſeliger vor der
Himmelskönigin, als wenn er tauſend Heiden bekehrt
hätte. Denn dies war ſein ganz beſonderer Geſchmack,
daß er das Martyrium beſtand, vor der Welt als
ein Unreiner und Wüſtling dazuſtehen, während die
allerreinſte Frau im Himmel wohl wüßte, daß er
noch nie ein Weib berührt habe und ein Kränzlein
weißer Roſen unſichtbar auf ſeinem vielgeſchmähten
Haupte trage.
Einſt hörte er von einer beſonders gefährlichen
Perſon, welche durch ihre Schönheit und Ungewöhn¬
lichkeit viel Unheil und ſelbſt Blutvergießen anrichte,
da ein vornehmer und grimmiger Kriegsmann ihre
Thüre belagere und Jeden niederſtrecke, der ſich mit
ihm in Streit einlaſſe. Sogleich nahm Vitalis ſich
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