Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.sie es sei; aber zugleich stieg ein großer Aerger und Eugenia erzählte eingeschüchtert und ängstlich den Auf diese seine Worte erröthete sie und blickte ſie es ſei; aber zugleich ſtieg ein großer Aerger und Eugenia erzählte eingeſchüchtert und ängſtlich den Auf dieſe ſeine Worte erröthete ſie und blickte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="22"/> ſie es ſei; aber zugleich ſtieg ein großer Aerger und<lb/> eine brennende Eiferſucht in ihm auf, weil die ſo<lb/> plötzlich Wiedergefundene als ein Weib zum Vor¬<lb/> ſchein kam, das die ganze Zeit über heimlich unter<lb/> ſiebenzig Mönchen gelebt hatte. Er hielt daher ge¬<lb/> waltſam an ſich und ſtellte ſich, während ſeine Blicke<lb/> ſie prüfend überflogen, als ob er ihren Worten nicht<lb/> im mindeſten glaubte und ſagte: „Du ſiehſt in der<lb/> That jener thörichten Jungfrau ziemlich ähnlich.<lb/> Doch das kümmert mich nicht; vielmehr bin ich<lb/> begierig zu wiſſen, was du mit der Wittwe ge¬<lb/> macht haſt!“</p><lb/> <p>Eugenia erzählte eingeſchüchtert und ängſtlich den<lb/> Vorgang und Aquilinus erkannte aus der ganzen<lb/> Art der Erzählung die Falſchheit und Schlechtigkeit<lb/> der Anklage, erwiederte jedoch mit ſcheinbarer Kalt¬<lb/> blütigkeit: „Und auf welche Weiſe willſt du denn,<lb/> wenn du Eugenia biſt, ein Mönch geworden ſein, in<lb/> welcher Abſicht und wie war es möglich?“</p><lb/> <p>Auf dieſe ſeine Worte erröthete ſie und blickte<lb/> verlegen auf die Erde; doch dünkte es ſie nicht unbe¬<lb/> haglich, hier zu ſein und endlich wieder einmal zu<lb/> einem guten alten Bekannten von ſich und ihrem<lb/> Leben zu ſprechen; ſie ſäumte auch nicht und be¬<lb/> richtete mit natürlichen Worten Alles, was ſich ſeit<lb/> ihrem Verſchwinden mit ihr zugetragen, nur daß ſie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0036]
ſie es ſei; aber zugleich ſtieg ein großer Aerger und
eine brennende Eiferſucht in ihm auf, weil die ſo
plötzlich Wiedergefundene als ein Weib zum Vor¬
ſchein kam, das die ganze Zeit über heimlich unter
ſiebenzig Mönchen gelebt hatte. Er hielt daher ge¬
waltſam an ſich und ſtellte ſich, während ſeine Blicke
ſie prüfend überflogen, als ob er ihren Worten nicht
im mindeſten glaubte und ſagte: „Du ſiehſt in der
That jener thörichten Jungfrau ziemlich ähnlich.
Doch das kümmert mich nicht; vielmehr bin ich
begierig zu wiſſen, was du mit der Wittwe ge¬
macht haſt!“
Eugenia erzählte eingeſchüchtert und ängſtlich den
Vorgang und Aquilinus erkannte aus der ganzen
Art der Erzählung die Falſchheit und Schlechtigkeit
der Anklage, erwiederte jedoch mit ſcheinbarer Kalt¬
blütigkeit: „Und auf welche Weiſe willſt du denn,
wenn du Eugenia biſt, ein Mönch geworden ſein, in
welcher Abſicht und wie war es möglich?“
Auf dieſe ſeine Worte erröthete ſie und blickte
verlegen auf die Erde; doch dünkte es ſie nicht unbe¬
haglich, hier zu ſein und endlich wieder einmal zu
einem guten alten Bekannten von ſich und ihrem
Leben zu ſprechen; ſie ſäumte auch nicht und be¬
richtete mit natürlichen Worten Alles, was ſich ſeit
ihrem Verſchwinden mit ihr zugetragen, nur daß ſie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |