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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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lange Äcker weithingestreckt, gleich drei riesigen
Bändern nebeneinander. An einem sonnigen Sep¬
tembermorgen pflügten zwei Bauern auf zweien
dieser Äcker, und zwar auf jedem der beiden
äußersten; der mittlere schien seit langen Jahren
brach und wüst zu liegen, denn er war mit
Steinen und hohem Unkraut bedeckt und eine
Welt von geflügelten Thierchen summte ungestört
über ihm. Die Bauern aber, welche zu beiden
Seiten hinter ihrem Pfluge gingen, waren lange
knochige Männer von ungefähr vierzig Jahren
und verkündeten auf den ersten Blick den sichern
gutbesorgten Bauersmann. Sie trugen kurze
Kniehosen von starkem Zwillich, an dem jede
Falte ihre unveränderliche Lage hatte und wie
in Stein gemeißelt aussah. Wenn sie, auf ein
Hinderniß stoßend, den Pflug fester faßten, so
zitterten die groben Hemdärmel von der leichten
Erschütterung, indessen die wohlrasirten Gesichter
ruhig und aufmerksam, aber ein wenig blinzelnd
in den Sonnenschein vor sich hinschauten, die
Furche bemaßen oder auch wohl zuweilen sich
umsahen, wenn ein fernes Geräusch die Stille
des Landes unterbrach. Langsam und mit

lange Äcker weithingeſtreckt, gleich drei rieſigen
Bändern nebeneinander. An einem ſonnigen Sep¬
tembermorgen pflügten zwei Bauern auf zweien
dieſer Äcker, und zwar auf jedem der beiden
äußerſten; der mittlere ſchien ſeit langen Jahren
brach und wüſt zu liegen, denn er war mit
Steinen und hohem Unkraut bedeckt und eine
Welt von geflügelten Thierchen ſummte ungeſtört
über ihm. Die Bauern aber, welche zu beiden
Seiten hinter ihrem Pfluge gingen, waren lange
knochige Männer von ungefähr vierzig Jahren
und verkündeten auf den erſten Blick den ſichern
gutbeſorgten Bauersmann. Sie trugen kurze
Kniehoſen von ſtarkem Zwillich, an dem jede
Falte ihre unveränderliche Lage hatte und wie
in Stein gemeißelt ausſah. Wenn ſie, auf ein
Hinderniß ſtoßend, den Pflug feſter faßten, ſo
zitterten die groben Hemdärmel von der leichten
Erſchütterung, indeſſen die wohlraſirten Geſichter
ruhig und aufmerkſam, aber ein wenig blinzelnd
in den Sonnenſchein vor ſich hinſchauten, die
Furche bemaßen oder auch wohl zuweilen ſich
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des Landes unterbrach. Langſam und mit

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[210/0222] lange Äcker weithingeſtreckt, gleich drei rieſigen Bändern nebeneinander. An einem ſonnigen Sep¬ tembermorgen pflügten zwei Bauern auf zweien dieſer Äcker, und zwar auf jedem der beiden äußerſten; der mittlere ſchien ſeit langen Jahren brach und wüſt zu liegen, denn er war mit Steinen und hohem Unkraut bedeckt und eine Welt von geflügelten Thierchen ſummte ungeſtört über ihm. Die Bauern aber, welche zu beiden Seiten hinter ihrem Pfluge gingen, waren lange knochige Männer von ungefähr vierzig Jahren und verkündeten auf den erſten Blick den ſichern gutbeſorgten Bauersmann. Sie trugen kurze Kniehoſen von ſtarkem Zwillich, an dem jede Falte ihre unveränderliche Lage hatte und wie in Stein gemeißelt ausſah. Wenn ſie, auf ein Hinderniß ſtoßend, den Pflug feſter faßten, ſo zitterten die groben Hemdärmel von der leichten Erſchütterung, indeſſen die wohlraſirten Geſichter ruhig und aufmerkſam, aber ein wenig blinzelnd in den Sonnenſchein vor ſich hinſchauten, die Furche bemaßen oder auch wohl zuweilen ſich umſahen, wenn ein fernes Geräuſch die Stille des Landes unterbrach. Langſam und mit

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/222>, abgerufen am 21.11.2024.