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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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er nicht so wohlgemuth wie seine Frau, sondern
trieb mit schlimmer Ahnung und voll Ingrimm die
mageren Pferde an, welche er vom neuen Bau¬
ern geliehen. Das letzte schäbige Knechtchen,
das er gehabt, hatte ihn schon seit einigen Wo¬
chen verlassen. Als er solcher Weise abfuhr, sah
er wohl, wie Marti voll Hohn und Schaden¬
freude sich unfern der Straße zu schaffen machte,
fluchte ihm und hielt denselben für den alleini¬
gen Urheber seines Unglückes. Sali aber, sobald
das Fuhrwerk im Gange war, beschleunigte seine
Schritte, eilte voraus und ging allein auf Sei¬
tenwegen nach der Stadt.

"Da wären wir!" sagte Manz, als die
Fuhre vor dem Spelunkelein anhielt. Die Frau
erschrack darüber, denn das war in der That
ein betrübter Gasthof. Die Leute traten eilfer¬
tig unter die Fenster und vor die Häuser, um
sich den neuen Bauernwirth anzusehen und mach¬
ten mit ihrer Seldwyler Überlegenheit mitleidig
spöttische Gesichter. Zornig und mit nassen Au¬
gen kletterte die Manzin vom Wagen herunter
und lief, ihre Zunge vorläufig wetzend, in das
Haus, um sich heute vornehm nicht wieder blicken

er nicht ſo wohlgemuth wie ſeine Frau, ſondern
trieb mit ſchlimmer Ahnung und voll Ingrimm die
mageren Pferde an, welche er vom neuen Bau¬
ern geliehen. Das letzte ſchäbige Knechtchen,
das er gehabt, hatte ihn ſchon ſeit einigen Wo¬
chen verlaſſen. Als er ſolcher Weiſe abfuhr, ſah
er wohl, wie Marti voll Hohn und Schaden¬
freude ſich unfern der Straße zu ſchaffen machte,
fluchte ihm und hielt denſelben für den alleini¬
gen Urheber ſeines Unglückes. Sali aber, ſobald
das Fuhrwerk im Gange war, beſchleunigte ſeine
Schritte, eilte voraus und ging allein auf Sei¬
tenwegen nach der Stadt.

»Da wären wir!« ſagte Manz, als die
Fuhre vor dem Spelunkelein anhielt. Die Frau
erſchrack darüber, denn das war in der That
ein betrübter Gaſthof. Die Leute traten eilfer¬
tig unter die Fenſter und vor die Häuſer, um
ſich den neuen Bauernwirth anzuſehen und mach¬
ten mit ihrer Seldwyler Überlegenheit mitleidig
ſpöttiſche Geſichter. Zornig und mit naſſen Au¬
gen kletterte die Manzin vom Wagen herunter
und lief, ihre Zunge vorläufig wetzend, in das
Haus, um ſich heute vornehm nicht wieder blicken

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[246/0258] er nicht ſo wohlgemuth wie ſeine Frau, ſondern trieb mit ſchlimmer Ahnung und voll Ingrimm die mageren Pferde an, welche er vom neuen Bau¬ ern geliehen. Das letzte ſchäbige Knechtchen, das er gehabt, hatte ihn ſchon ſeit einigen Wo¬ chen verlaſſen. Als er ſolcher Weiſe abfuhr, ſah er wohl, wie Marti voll Hohn und Schaden¬ freude ſich unfern der Straße zu ſchaffen machte, fluchte ihm und hielt denſelben für den alleini¬ gen Urheber ſeines Unglückes. Sali aber, ſobald das Fuhrwerk im Gange war, beſchleunigte ſeine Schritte, eilte voraus und ging allein auf Sei¬ tenwegen nach der Stadt. »Da wären wir!« ſagte Manz, als die Fuhre vor dem Spelunkelein anhielt. Die Frau erſchrack darüber, denn das war in der That ein betrübter Gaſthof. Die Leute traten eilfer¬ tig unter die Fenſter und vor die Häuſer, um ſich den neuen Bauernwirth anzuſehen und mach¬ ten mit ihrer Seldwyler Überlegenheit mitleidig ſpöttiſche Geſichter. Zornig und mit naſſen Au¬ gen kletterte die Manzin vom Wagen herunter und lief, ihre Zunge vorläufig wetzend, in das Haus, um ſich heute vornehm nicht wieder blicken

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/258>, abgerufen am 25.11.2024.