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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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schirr, über die silbernen Kaffeelöffelchen, denn
die Wirthin schien sie für rechtliche junge Leut¬
chen zu halten, die man anständig bedienen müsse
und setzte sich auch ab und zu plaudernd zu ih¬
nen, und die Beiden gaben ihr verständigen
Bescheid, welches ihr gefiel. Es ward dem gu¬
ten Vrenchen so wählig zu Muth, daß es nicht
wußte, mochte es lieber wieder ins Freie, um
allein mit seinem Schatz herumzuschweifen durch
Auen und Wälder, oder mochte es lieber in der
gastlichen Stube bleiben, um wenigstens auf
Stunden sich an einem stattlichen Orte zu Hause
zu träumen. Doch Sali erleichterte die Wahl,
indem er ehrbar und geschäftig zum Aufbruch
mahnte, als ob sie einen bestimmten und wich¬
tigen Weg zu machen hätten. Die Wirthin und
der Wirth begleiteten sie bis vor das Haus und
entließen sie auf das Wohlwollendste wegen ihres
guten Benehmens trotz der durchscheinenden Dürf¬
tigkeit, und das arme junge Blut verabschiedete
sich mit den besten Manieren von der Welt und
wandelte sittig und ehrbar von hinnen. Aber
auch als sie schon wieder im Freien waren und
einen stundenlangen Eichwald betraten, gingen

ſchirr, über die ſilbernen Kaffeelöffelchen, denn
die Wirthin ſchien ſie für rechtliche junge Leut¬
chen zu halten, die man anſtändig bedienen müſſe
und ſetzte ſich auch ab und zu plaudernd zu ih¬
nen, und die Beiden gaben ihr verſtändigen
Beſcheid, welches ihr gefiel. Es ward dem gu¬
ten Vrenchen ſo wählig zu Muth, daß es nicht
wußte, mochte es lieber wieder ins Freie, um
allein mit ſeinem Schatz herumzuſchweifen durch
Auen und Wälder, oder mochte es lieber in der
gaſtlichen Stube bleiben, um wenigſtens auf
Stunden ſich an einem ſtattlichen Orte zu Hauſe
zu träumen. Doch Sali erleichterte die Wahl,
indem er ehrbar und geſchäftig zum Aufbruch
mahnte, als ob ſie einen beſtimmten und wich¬
tigen Weg zu machen hätten. Die Wirthin und
der Wirth begleiteten ſie bis vor das Haus und
entließen ſie auf das Wohlwollendſte wegen ihres
guten Benehmens trotz der durchſcheinenden Dürf¬
tigkeit, und das arme junge Blut verabſchiedete
ſich mit den beſten Manieren von der Welt und
wandelte ſittig und ehrbar von hinnen. Aber
auch als ſie ſchon wieder im Freien waren und
einen ſtundenlangen Eichwald betraten, gingen

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[318/0330] ſchirr, über die ſilbernen Kaffeelöffelchen, denn die Wirthin ſchien ſie für rechtliche junge Leut¬ chen zu halten, die man anſtändig bedienen müſſe und ſetzte ſich auch ab und zu plaudernd zu ih¬ nen, und die Beiden gaben ihr verſtändigen Beſcheid, welches ihr gefiel. Es ward dem gu¬ ten Vrenchen ſo wählig zu Muth, daß es nicht wußte, mochte es lieber wieder ins Freie, um allein mit ſeinem Schatz herumzuſchweifen durch Auen und Wälder, oder mochte es lieber in der gaſtlichen Stube bleiben, um wenigſtens auf Stunden ſich an einem ſtattlichen Orte zu Hauſe zu träumen. Doch Sali erleichterte die Wahl, indem er ehrbar und geſchäftig zum Aufbruch mahnte, als ob ſie einen beſtimmten und wich¬ tigen Weg zu machen hätten. Die Wirthin und der Wirth begleiteten ſie bis vor das Haus und entließen ſie auf das Wohlwollendſte wegen ihres guten Benehmens trotz der durchſcheinenden Dürf¬ tigkeit, und das arme junge Blut verabſchiedete ſich mit den beſten Manieren von der Welt und wandelte ſittig und ehrbar von hinnen. Aber auch als ſie ſchon wieder im Freien waren und einen ſtundenlangen Eichwald betraten, gingen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/330>, abgerufen am 22.11.2024.