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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und treu sind. Aber das muß man freilich sein,
denn die Zeit ist kurz und doch lang und es
kommen viele Tage, viele Tage! Je nun, schön
genug sind sie und amüsant dazu, wenn man
gut Haus hält damit! Nichts für ungut, aber
es freut mich, euch anzusehen, so ein schmuckes
Pärchen seid ihr!" Die Kellnerin brachte die
Suppe, und da sie einen Theil dieser Worte noch
gehört und lieber selbst geheirathet hätte, so sah
sie Vrenchen mit scheelen Augen an, welches
nach ihrer Meinung so gedeihliche Wege ging.
In der Nebenstube ließ die unliebliche Person
ihren Unmuth frei und sagte zur Wirthin, welche
dort zu schaffen hatte, so laut, daß man es hö¬
ren konnte: "Das ist wieder ein rechtes Hu¬
delvölkchen, das wie es geht und steht nach der
Stadt läuft und sich kopuliren läßt, ohne einen
Pfennig, ohne Freunde, ohne Aussteuer und ohne
Aussicht, als auf Armuth und Bettelei! Wo
soll das noch hinaus, wenn solche Dinger hei¬
rathen, die die Jüppe noch nicht allein anziehen
und keine Suppe kochen können? Ach der hüb¬
sche junge Mensch kann mich nur dauern, der
ist schön petschirt mit seiner jungen Gungeline!"

und treu ſind. Aber das muß man freilich ſein,
denn die Zeit iſt kurz und doch lang und es
kommen viele Tage, viele Tage! Je nun, ſchön
genug ſind ſie und amüſant dazu, wenn man
gut Haus hält damit! Nichts für ungut, aber
es freut mich, euch anzuſehen, ſo ein ſchmuckes
Pärchen ſeid ihr!« Die Kellnerin brachte die
Suppe, und da ſie einen Theil dieſer Worte noch
gehört und lieber ſelbſt geheirathet hätte, ſo ſah
ſie Vrenchen mit ſcheelen Augen an, welches
nach ihrer Meinung ſo gedeihliche Wege ging.
In der Nebenſtube ließ die unliebliche Perſon
ihren Unmuth frei und ſagte zur Wirthin, welche
dort zu ſchaffen hatte, ſo laut, daß man es hö¬
ren konnte: »Das iſt wieder ein rechtes Hu¬
delvölkchen, das wie es geht und ſteht nach der
Stadt läuft und ſich kopuliren läßt, ohne einen
Pfennig, ohne Freunde, ohne Ausſteuer und ohne
Ausſicht, als auf Armuth und Bettelei! Wo
ſoll das noch hinaus, wenn ſolche Dinger hei¬
rathen, die die Jüppe noch nicht allein anziehen
und keine Suppe kochen können? Ach der hüb¬
ſche junge Menſch kann mich nur dauern, der
iſt ſchön petſchirt mit ſeiner jungen Gungeline!«

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[324/0336] und treu ſind. Aber das muß man freilich ſein, denn die Zeit iſt kurz und doch lang und es kommen viele Tage, viele Tage! Je nun, ſchön genug ſind ſie und amüſant dazu, wenn man gut Haus hält damit! Nichts für ungut, aber es freut mich, euch anzuſehen, ſo ein ſchmuckes Pärchen ſeid ihr!« Die Kellnerin brachte die Suppe, und da ſie einen Theil dieſer Worte noch gehört und lieber ſelbſt geheirathet hätte, ſo ſah ſie Vrenchen mit ſcheelen Augen an, welches nach ihrer Meinung ſo gedeihliche Wege ging. In der Nebenſtube ließ die unliebliche Perſon ihren Unmuth frei und ſagte zur Wirthin, welche dort zu ſchaffen hatte, ſo laut, daß man es hö¬ ren konnte: »Das iſt wieder ein rechtes Hu¬ delvölkchen, das wie es geht und ſteht nach der Stadt läuft und ſich kopuliren läßt, ohne einen Pfennig, ohne Freunde, ohne Ausſteuer und ohne Ausſicht, als auf Armuth und Bettelei! Wo ſoll das noch hinaus, wenn ſolche Dinger hei¬ rathen, die die Jüppe noch nicht allein anziehen und keine Suppe kochen können? Ach der hüb¬ ſche junge Menſch kann mich nur dauern, der iſt ſchön petſchirt mit ſeiner jungen Gungeline!«

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/336>, abgerufen am 22.11.2024.