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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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thut. Sie gingen in's erste Wirthshaus des
Dorfes, wo Sali ein erkleckliches Mahl bestellte;
ein eigener Tisch wurde ihnen sonntäglich gedeckt
und sie saßen wieder still und bescheiden daran
und beguckten die schön getäfelten Wände von
gebohntem Nußbaumholz, das ländliche aber glän¬
zende und wohlhabende Büffet von gleichem Holze,
und die klaren weißen Fenstervorhänge. Die
Wirthin trat zuthulich herzu und setzte ein Ge¬
schirr voll frischer Blumen auf den Tisch.
"Bis die Suppe kommt, sagte sie, könnt ihr,
wenn es euch gefällig ist, einstweilen die Augen
sättigen an dem Strauße. Allem Anschein nach,
wenn es erlaubt ist zu fragen, seid ihr ein jun¬
ges Brautpaar, das gewiß nach der Stadt geht,
um sich morgen kopuliren zu lassen?" Vrenchen
wurde roth und wagte nicht aufzusehen, Sali
sagte auch nichts und die Wirthin fuhr fort:
"Nun, ihr seid freilich noch wohl jung beide,
aber jung geheirathet lebt lang, sagt man zu¬
weilen, und ihr seht wenigstens hübsch und brav
aus und braucht euch nicht zu verbergen. Or¬
dentliche Leute können etwas zuwege bringen,
wenn sie so jung zusammen kommen und fleißig

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thut. Sie gingen in's erſte Wirthshaus des
Dorfes, wo Sali ein erkleckliches Mahl beſtellte;
ein eigener Tiſch wurde ihnen ſonntäglich gedeckt
und ſie ſaßen wieder ſtill und beſcheiden daran
und beguckten die ſchön getäfelten Wände von
gebohntem Nußbaumholz, das ländliche aber glän¬
zende und wohlhabende Büffet von gleichem Holze,
und die klaren weißen Fenſtervorhänge. Die
Wirthin trat zuthulich herzu und ſetzte ein Ge¬
ſchirr voll friſcher Blumen auf den Tiſch.
»Bis die Suppe kommt, ſagte ſie, könnt ihr,
wenn es euch gefällig iſt, einſtweilen die Augen
ſättigen an dem Strauße. Allem Anſchein nach,
wenn es erlaubt iſt zu fragen, ſeid ihr ein jun¬
ges Brautpaar, das gewiß nach der Stadt geht,
um ſich morgen kopuliren zu laſſen?« Vrenchen
wurde roth und wagte nicht aufzuſehen, Sali
ſagte auch nichts und die Wirthin fuhr fort:
»Nun, ihr ſeid freilich noch wohl jung beide,
aber jung geheirathet lebt lang, ſagt man zu¬
weilen, und ihr ſeht wenigſtens hübſch und brav
aus und braucht euch nicht zu verbergen. Or¬
dentliche Leute können etwas zuwege bringen,
wenn ſie ſo jung zuſammen kommen und fleißig

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[323/0335] thut. Sie gingen in's erſte Wirthshaus des Dorfes, wo Sali ein erkleckliches Mahl beſtellte; ein eigener Tiſch wurde ihnen ſonntäglich gedeckt und ſie ſaßen wieder ſtill und beſcheiden daran und beguckten die ſchön getäfelten Wände von gebohntem Nußbaumholz, das ländliche aber glän¬ zende und wohlhabende Büffet von gleichem Holze, und die klaren weißen Fenſtervorhänge. Die Wirthin trat zuthulich herzu und ſetzte ein Ge¬ ſchirr voll friſcher Blumen auf den Tiſch. »Bis die Suppe kommt, ſagte ſie, könnt ihr, wenn es euch gefällig iſt, einſtweilen die Augen ſättigen an dem Strauße. Allem Anſchein nach, wenn es erlaubt iſt zu fragen, ſeid ihr ein jun¬ ges Brautpaar, das gewiß nach der Stadt geht, um ſich morgen kopuliren zu laſſen?« Vrenchen wurde roth und wagte nicht aufzuſehen, Sali ſagte auch nichts und die Wirthin fuhr fort: »Nun, ihr ſeid freilich noch wohl jung beide, aber jung geheirathet lebt lang, ſagt man zu¬ weilen, und ihr ſeht wenigſtens hübſch und brav aus und braucht euch nicht zu verbergen. Or¬ dentliche Leute können etwas zuwege bringen, wenn ſie ſo jung zuſammen kommen und fleißig 21 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/335>, abgerufen am 22.11.2024.