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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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bleiben heißen solle, und Jeder meinte damit
sich selbst. Aber sie hütete sich, eine Wahl zu
treffen und kündigte ihnen ernsthaft und gebie¬
terisch an, daß sie ihr gehorchen müßten, an¬
sonst sie ihnen ihre Freundschaft auf immer ent¬
ziehen würde. Jetzt rannte Jobst, der älteste,
wieder davon und in das Haus des Meisters
hinüber, und spornstreichs rannten die anderen
hinter ihm her, befürchtend, daß er dort etwas
gegen sie unternähme, und so schossen sie den
ganzen Tag umher, wie Sternschnuppen und
wurden sich untereinander so zuwider wie drei
Spinnen in einem Netz. Die halbe Stadt sah
dies seltsame Schauspiel der verstörten Kamm¬
macher, die bislang so still und ruhig gewesen,
und die alten Leute wurden darüber ängstlich
und hielten die Erscheinung für ein unnatürliches
Vorzeichen schwerer Begebenheiten. Gegen Abend
wurden sie matt und erschöpft, ohne daß sie sich
eines Besseren besonnen und zu etwas entschieden
hatten, und legten sich zähneklappernd in das
alte Bett; Einer nach dem Anderen kroch unter
die Decke und lag da, wie vom Tode hingestreckt,
in verwirrten Gedanken, bis ein heilsamer Schlaf

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bleiben heißen ſolle, und Jeder meinte damit
ſich ſelbſt. Aber ſie hütete ſich, eine Wahl zu
treffen und kündigte ihnen ernſthaft und gebie¬
teriſch an, daß ſie ihr gehorchen müßten, an¬
ſonſt ſie ihnen ihre Freundſchaft auf immer ent¬
ziehen würde. Jetzt rannte Jobſt, der älteſte,
wieder davon und in das Haus des Meiſters
hinüber, und ſpornſtreichs rannten die anderen
hinter ihm her, befürchtend, daß er dort etwas
gegen ſie unternähme, und ſo ſchoſſen ſie den
ganzen Tag umher, wie Sternſchnuppen und
wurden ſich untereinander ſo zuwider wie drei
Spinnen in einem Netz. Die halbe Stadt ſah
dies ſeltſame Schauſpiel der verſtörten Kamm¬
macher, die bislang ſo ſtill und ruhig geweſen,
und die alten Leute wurden darüber ängſtlich
und hielten die Erſcheinung für ein unnatürliches
Vorzeichen ſchwerer Begebenheiten. Gegen Abend
wurden ſie matt und erſchöpft, ohne daß ſie ſich
eines Beſſeren beſonnen und zu etwas entſchieden
hatten, und legten ſich zähneklappernd in das
alte Bett; Einer nach dem Anderen kroch unter
die Decke und lag da, wie vom Tode hingeſtreckt,
in verwirrten Gedanken, bis ein heilſamer Schlaf

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[409/0421] bleiben heißen ſolle, und Jeder meinte damit ſich ſelbſt. Aber ſie hütete ſich, eine Wahl zu treffen und kündigte ihnen ernſthaft und gebie¬ teriſch an, daß ſie ihr gehorchen müßten, an¬ ſonſt ſie ihnen ihre Freundſchaft auf immer ent¬ ziehen würde. Jetzt rannte Jobſt, der älteſte, wieder davon und in das Haus des Meiſters hinüber, und ſpornſtreichs rannten die anderen hinter ihm her, befürchtend, daß er dort etwas gegen ſie unternähme, und ſo ſchoſſen ſie den ganzen Tag umher, wie Sternſchnuppen und wurden ſich untereinander ſo zuwider wie drei Spinnen in einem Netz. Die halbe Stadt ſah dies ſeltſame Schauſpiel der verſtörten Kamm¬ macher, die bislang ſo ſtill und ruhig geweſen, und die alten Leute wurden darüber ängſtlich und hielten die Erſcheinung für ein unnatürliches Vorzeichen ſchwerer Begebenheiten. Gegen Abend wurden ſie matt und erſchöpft, ohne daß ſie ſich eines Beſſeren beſonnen und zu etwas entſchieden hatten, und legten ſich zähneklappernd in das alte Bett; Einer nach dem Anderen kroch unter die Decke und lag da, wie vom Tode hingeſtreckt, in verwirrten Gedanken, bis ein heilſamer Schlaf 26*

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/421>, abgerufen am 25.11.2024.