beliebte. Diese Zeit benutzte ich dazu, das Dutzend Bücher, so der alte Herr besaß, immer wieder durchzulesen und aus denselben, da sie alle dick¬ leibig waren, ein sonderbares Stück von der Welt kennen zu lernen. Ich war so ein eifriger und stiller Leser, der sich eine Weisheit ausbildete, von der er nicht recht wußte, ob sie in der Welt galt oder nicht galt, wie ich bald erfahren sollte; denn obschon ich bereits vieles gesehen und erfahren, so war dies doch nur gewisser¬ maßen strichweise und das meiste, was es gab, lag zur Seite des Striches, den ich passirt."
"Mein Kommandeur wurde endlich zum Gou¬ verneur des ganzen Landstriches ernannt, wo wir bisher gestanden; er wünschte mich in seiner Nähe zu behalten und veranlaßte meine Ver¬ setzung aus dem Regiment, welches wieder nach England zurückging, in dasjenige, welches dafür ankam, und so fand sich wieder Gelegenheit, daß ich als Militairperson sowohl wie in allen übri¬ gen Eigenschaften um ihn sein konnte, was mir ganz recht war; denn so blieb ich ein auf mich selbst gestellter Mensch, der keinen andern Herrn, als seine Fahne über sich hatte."
Keller, die Leute von Seldwyla I. 4
beliebte. Dieſe Zeit benutzte ich dazu, das Dutzend Bücher, ſo der alte Herr beſaß, immer wieder durchzuleſen und aus denſelben, da ſie alle dick¬ leibig waren, ein ſonderbares Stück von der Welt kennen zu lernen. Ich war ſo ein eifriger und ſtiller Leſer, der ſich eine Weisheit ausbildete, von der er nicht recht wußte, ob ſie in der Welt galt oder nicht galt, wie ich bald erfahren ſollte; denn obſchon ich bereits vieles geſehen und erfahren, ſo war dies doch nur gewiſſer¬ maßen ſtrichweiſe und das meiſte, was es gab, lag zur Seite des Striches, den ich paſſirt.«
»Mein Kommandeur wurde endlich zum Gou¬ verneur des ganzen Landſtriches ernannt, wo wir bisher geſtanden; er wünſchte mich in ſeiner Nähe zu behalten und veranlaßte meine Ver¬ ſetzung aus dem Regiment, welches wieder nach England zurückging, in dasjenige, welches dafür ankam, und ſo fand ſich wieder Gelegenheit, daß ich als Militairperſon ſowohl wie in allen übri¬ gen Eigenſchaften um ihn ſein konnte, was mir ganz recht war; denn ſo blieb ich ein auf mich ſelbſt geſtellter Menſch, der keinen andern Herrn, als ſeine Fahne über ſich hatte.«
Keller, die Leute von Seldwyla I. 4
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beliebte. Dieſe Zeit benutzte ich dazu, das Dutzend
Bücher, ſo der alte Herr beſaß, immer wieder
durchzuleſen und aus denſelben, da ſie alle dick¬
leibig waren, ein ſonderbares Stück von der Welt
kennen zu lernen. Ich war ſo ein eifriger und
ſtiller Leſer, der ſich eine Weisheit ausbildete,
von der er nicht recht wußte, ob ſie in der
Welt galt oder nicht galt, wie ich bald erfahren
ſollte; denn obſchon ich bereits vieles geſehen
und erfahren, ſo war dies doch nur gewiſſer¬
maßen ſtrichweiſe und das meiſte, was es gab,
lag zur Seite des Striches, den ich paſſirt.«
»Mein Kommandeur wurde endlich zum Gou¬
verneur des ganzen Landſtriches ernannt, wo wir
bisher geſtanden; er wünſchte mich in ſeiner
Nähe zu behalten und veranlaßte meine Ver¬
ſetzung aus dem Regiment, welches wieder nach
England zurückging, in dasjenige, welches dafür
ankam, und ſo fand ſich wieder Gelegenheit, daß
ich als Militairperſon ſowohl wie in allen übri¬
gen Eigenſchaften um ihn ſein konnte, was mir
ganz recht war; denn ſo blieb ich ein auf mich
ſelbſt geſtellter Menſch, der keinen andern Herrn,
als ſeine Fahne über ſich hatte.«
Keller, die Leute von Seldwyla I. 4
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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/61>, abgerufen am 21.11.2024.
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